Teil VII - Der große Frust...

Man hat nach langer und anstrengener Arbeit sein Manuskript fertiggestellt, hat dabei auch die verlagsspezifischen Regeln befolgt, dann hat man alles schön eingepackt und abgesandt und danach folgt erst mal die große Leere.
Man wartet und wartet, aber eine Antwort will nicht kommen.
Es dauert bei vielen Verlagen oft mehrere Monate, bis sich etwas rührt. In dieser Zeit wird das Manuskript nicht aber etwa eingehend geprüft und von Mitarbeiter zu Mitarbeiter weitergereicht, höchstwahrscheinlich teilt das Manuskript das Schicksal vieler anderer Einsendungen. Es liegt auf einem großen Stapel und mehr auch nicht. Wie schon in den vorangegangenen Teilen erwähnt, sind die Einsendungen bei Verlagen so zahlreich, daß unmöglich jedes Werk begutachtet werden kann.
Doch nach dieser langen Wartezeit - wie oft besteht dann die Antwort lediglich aus einem lapidarem Formschreiben.
Es kann eine traurige Tatsache sein: man hat vielleicht den größten Literaturknüller der Neuzeit geschrieben, aber kein Verlag erkennt es, und nach der schier endlosen Wartezeit flattert lediglich dieses seelenlose Formschreiben ins Haus, wo der Verlag mitteilt, daß man derzeit "leider" keine Möglichkeit sehe, das Werk zu veröffentlichen.
Nach all den Mühen und Anstrengungen, nach vielen langen Nächten vielleicht, in denen man mit voller Hingabe seine Geschichte geschrieben hat, ist der einzige Lohn dann ein maschinenerstelltes Massenschreiben, das x andere Autoren ebenfalls bekommen.
So etwas kann und wird sicherlich die meisten Autoren sehr tief treffen, nach mehreren Absagen vielleicht sogar gänzlich demotivieren. Manche hören vielleicht ganz mit dem Schreiben auf. Der große Frust stellt sich ein.

Aber aufzugeben wäre die falsche Wahl.
Frühestens nach 20 Absagen sollte man vielleicht überlegen, ob das eingereichte Werk sich wirklich an einem zählbaren Publikum orientiert, vielleicht sollte man überlegen, etwas zu überarbeiten, vielleicht fängt man auch etwas neues an, vielleicht war auch nur die Wahl der Verlage nicht die richtige. Wie auch immer, es gibt stets auch Grund zur Hoffnung, zum Weitermachen.
Es gibt auch genügend Beispiele weltberühmter Autoren, die es sehr schwer hatten, veröffentlicht zu werden.
Thomas Mann, der für sein Werk "Die Buddenbrooks" den Literaturnobelpreis erhielt, hatte damals sehr große Probleme, das Werk überhaupt veröffentlichen zu lassen. Der Fischer-Verlag verlangte zuerst, das Werk solle um die Hälfte gestrichen werden, als es dann doch im vollem Umfang erschien, wurde es von der Kritik böse zerrissen und verkaufte sich in der ersten Auflage gerade 1000 mal. Der große Erfolg setzte erst später ein, was schließlich im Nobelpreis gipfelte.
Ein anderes berühmtes Beispiel: Erich Maria Remarques Erstlingswerk "Im Westen nichts neues". Es wurde vom Fischer-Verlag damals mit dem knappen Satz "Wer will denn heute noch Kriegsromane lesen!" abgefertigt. Der Ullstein Verlag ließ sich mit Mühe und Not für das Werk erwärmen, nicht zum Nachteil.
"Im Westen nichts neues" ist als eines der bedeutendsten Antikriegsbücher in die Literaturgeschichte eingegangen und wurde bis heute ca. 10.000.000 mal verkauft... Dies sind natürlich extreme Beispiele, doch sie zeigen deutlich, wie beschwerlich und schließlich doch erfolgreich der Weg zum Buch sein kann, daß Zagen und Zweifeln nicht angebracht sind.
Man stelle sich vor, Remarque hätte sich von der recht brüsken Absage des Fischer-Verlages damals demotivieren lassen.
Mit der entsprechenden Beharrlichkeit und natürlich dem vorhandenen Talent ist nie etwas verloren. Oft ist auch der Zeitgeist wichtig. Paßt mein Werk in die gesellschaftlichen Strömungen? Erkennt es einen Trend, der sich vielleicht noch nicht ganz durchgesetzt hat?
Oft ist auch die Wahl des Buchtitels sehr entscheidend über Erfolg und Mißerfolg. Ein neuer Titel, ein neues Exposé, und ohne ein Gramm am Manuskript geändert zu haben, hat man wieder neue Chancen.
Es ist auch nicht ratsam, zu verzagen. Es gibt auch hier genug Beispiele von Autoren, deren erste Bücher niemals das Licht der Welt erblickt hätten, hätten andere nicht für sie gehandelt.
J. R. R. Tolkien war beim "Herrn der Ringe" so detailbesessen und unzufrieden, daß dieser klassische Fantasyroman wohl nie veröffentlicht worden wäre, wenn seine Kinder nicht für ihn das Manuskript eingesandt hätten.
"Vom Winde verweht" war nach zehnjähriger Arbeit am Manuskript immer noch nicht fertig, das erste Kapitel fehlte immer noch, nachdem Margaret Mitchell einst mit dem letzten Kapitel begonnen hatte, dann entdeckte es per Zufall ein Verleger. Der Rest dürfte bekannt sein...

Egal wie groß der Frust also auch sein mag. Aufgeben wäre falsch. Es ist auch nicht unbedingt ratsam, als junger Autor gleich bei einem großen Verlag anzufangen, viele dieser Verlage beschränken sich mittlerweile auch fast nur noch darauf, im Ausland erfolgreiche Bestseller in deutscher Fassung zu bringen, sie setzen sich dem finanziellen Risiko einer Erstveröffentlichung eines unbekannten Autors ungerne aus.
Hat man in einem kleineren Verlag Fuß gefaßt und dort eventuelle Achtungserfolge erzielt, dann steht die Tür zu den großen Verlagen schon viel eher weit offen.

Auch sollte man bei einem wiederholten Versand seines Manuskriptes den angeschriebenen Verlag niemals spüren lassen, daß bereits ein dutzend Verlage vorher abgesagt hat. Jeder Verlag sollte das Gefühl haben, man hätte einzig und allein ihn auserkoren, um das Manuskript veröffentlichen zu lassen.
Man sollte deshalb stets auf möglichst individuelle Anschreiben und neu wirkende Manuskripte achten. Ein Manuskript, das bereits deutliche Gebrauchs- oder Lagerspuren zeigt, verrät sofort, daß man zuvor schon abgelehnt wurde.

Wenn man Glück hat, kommt dann irgendwann ein persönliches Schreiben vom Verlag ins Haus. Vielleicht oder sogar wahrscheinlich werden Anregungen zur Dramaturgie und Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Manuskripte werden eigentlich nie in der Urform veröffentlicht. Letztlich profitieren aber Verlag und Autor von so einer Verbesserung, oft sind es nur Kleinigkeiten auch, durch denen ein Werk gewinnt. Bekommt man aber erst einmal so ein Schreiben, dann ist eine der größte Hürden überwunden. Der Verlag wurde auf einen aufmerksam. Etwas besseres kann es nicht geben.
Und was all die unsäglichen Formblätter angeht, die sonst ins Haus flattern: Aufstecken wäre nicht richtig.
Denn eines braucht man als Autor auf jeden Fall: einen langen Atem.
Zusammen mit der erforderlichen Portion Talent und dem Quentchen Glück ist dann nichts unmöglich.

Storyline wünscht auf jeden Fall jedem Jungautor viel Glück.
Es wäre schön, wenn sich jemand hier wieder meldet, wenn er Erfolg gehabt hat.