13. Februar 2000

1940 - Coventry wird durch einen deutschen Luftangriff zerstört.
1945 - Dresden wird durch einen anglo-amerikanischen Luftangriff zerstört.

Zwei Daten in der Geschichte eines Krieges.

Ich hörte viele Geschichten von Dresdnern, Geschichten von Erlebnissen, die so grauenvoll waren, das sie wohl nie vergessen werden können. Wenn sie erzählt wurden, dann nie mit Hass oder Verbitterung, sondern voller Trauer und den Wunsch, dass dies nie wieder geschehen soll. Davon zeugen auch die Glocken, deren Klang sich jedes Jahr mitten in der Nacht auf den 13. zum 14. Februar wie ein Tuch über meine Heimatstadt legen.

Es gab auch diese Geschichte: Hunderte von Menschen suchten vor der Flammenhölle in der Unterkirche der Frauenkirche Schutz. Sie überlebten. Erst Tage später brach die Kuppel des ausgebrannten Sandsteins der Kirche in sich zusammen, nur die Pfeiler ragten verbrannt in den Himmel.
So lernte ich sie kennen: Eine Ruine, zwischen den schwarzen Steinen wucherte das Unkraut und konnte doch nicht die Narben je ganz verdecken. Ich musste an ihr vorbeigehen, wenn ich einkaufte, ins Theater oder Kino ging oder wenn ich mich von Bildern der alten Meistern verzaubern lassen wollte.
Es ging mir nicht allein so, dass ich den Wunsch hatte: Wir bauen sie wieder auf. Erst waren es nur Dresdner, die diesen Wunsch in sich verspürten, dann wurde dieser Wunsch auch in anderen Menschen geweckt. Weltweit wurde so ein Wunder ausgelöst: 100 Millionen Mark an Spendengelder flossen bis heute zusammen.

Als ich vor zwei Jahren Dresden besuchte, ging ich mit meinem Vater in die wiederhergestellte Unterkirche. Ein ungewöhnlicher Altar schmückte ihr Innerstes: aus einem Stein schufen Menschen in England ein schlichtes Taufbecken. Nur eine Geste von vielen. Eine Geste war auch, das junge Deutsche mithalfen in den 60iger Jahren Coventry wiederaufzubauen. Und einer der vielen Gesten der Versöhnung, eine, die viele bewegte, geschah heute.

Das Kuppelkreuz der Frauenkirche wurde den Dresdnern übergeben. Überreicht von Dresden Trust, einer englischen Stiftung für den Wiederaufbau der Frauenkirche, im Namen des englischen Volkes.

Für mich sind diese Gesten Brücken von Versöhnung und Vergebung.

Coventry und Dresden haben viel Gemeinsames: Beide Städte starben im zweiten Weltkrieg, ihren Menschen widerfuhr grenzenloses Leid. Voller Hoffnung und mit dem Glauben an Frieden bauten sie ihre Stadt wieder auf. Doch nicht allein das.
Diese Menschen haben einander verziehen und reichen sich über Generationen hinaus die Hand. Nur ein Symbol davon ist eine Kirche, die bald über alle anderen Gebäude der Innenstadt Dresdens mit ihrer gigantischen Kuppel hinausragen wird. Und auf dieser Kuppel wird ein Kreuz nahe am Himmel sein, der frei ist von Asche und Rauch. Gerade so, als solle es die ganze Welt sehen, dass hier ein Wunder geschah...


geschrieben von Gabi

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