© der Geschichte: Thorsten Nalazek. Nicht unerlaubt
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Sylvestermahl

Es war erbärmlich kalt. Trotz der dicken Daunenjacke und den beiden Wollpullovern, die er sich übergestreift hatte, fröstelte es ihn sofort, als er die Tür öffnete und aus seiner bereits halb eingeschneiten Blockhütte hinaus ins Freie trat. Er warf einen Blick auf das kleine Wandthermometer neben der Tür, dessen Glas im Laufe der vielen Jahre dunkelgrau angelaufen war, so dass man die Skala kaum noch erkennen konnte. Wenn ihn sein Blick nicht täuschte, zeigte es exakt -38°C an. Kein Wunder, es war ja auch tiefster Winter, genauer gesagt Dezember, noch genauer gesagt der 31., Sylvester. Und schließlich war er hier gut 160 km nördlich des Polarkreises, irgendwo weit abgelegen inmitten der frostigen Einöde des schwedischen Teils von Lappland, in tiefster Polarnacht, die das Land noch monatelang in schummrige Dunkelheit hüllen würde, umgeben von verkrüppelten Birken, zugefrorenen Seen und Schnee, soweit das Auge reichte, immer wieder Schnee, eine endlose, unberührte Ebene aus unschuldigem, kaltem Weiß, mindestens hüfttief. Der nächste Ort lag exakt 23 km entfernt und war von hier aus zu dieser Zeit sowieso nur mit dem Skibob zu erreichen. Also, was sollte man da schon erwarten?

Trotz der klirrenden Kälte blieb ihm nichts anderes übrig, als hinauszustapfen, hinüber zum abseits der Hütte aufgeschichteten Stapel Holzscheite. Er brauchte Brennholz für den Kamin und - besonders wichtig - den Herd. Bis hierher waren die hiesigen Stromgesellschaften mit ihren Leitungen nicht vorgedrungen, der Aufwand hätte sich nicht gelohnt für die Handvoll Eingeborenen und Aussteiger, die verrückt genug waren, sich hier in dieser abweisenden Einsamkeit als Nachbarn der umher wandernden Elche und Polarfüchse dauerhaft niederzulassen. Also musste Kjell Trollshamar auf solchen Luxus wie Kaffeemaschinen und Toaster, Fernsehen und Video oder Elektroherde und Fernheizungen verzichten und sich mit selbstgeschlagenem Brennholz behelfen. Aber das störte ihn nicht, im Gegenteil, er hatte diese Abgeschiedenheit ja geradezu gesucht. Kein Fernsehen, kein Radio, keine Zeitung, nur Kjell und das Land, ja, das war genau das, was ihm früher immer gefehlt hatte. Er brauchte diese Ruhe. Sie gab ihm Kraft und Inspiration. Er hasste den Trubel in den Metropolen des Südens, Stockholm, Göteborg oder Malmö, wie die Pest; all die rastlosen, unruhigen, drängelnden, schubsenden Menschenmassen in verdreckten Einkaufspassagen, all die endlosen, nach Abgasen stinkenden Blechkarawanen im Berufsverkehr, all die seelenlosen Gesichter in energiefressenden Bürotürmen widerten ihn an. Nur selten besuchte er den nächsten Ort, und dann auch nur recht widerwillig, höchstens um wichtige Dinge, die er in seiner Hütte nicht selbst anfertigen konnte, einzukaufen. Hier draußen fühlte er sich wohl. Und sicher.

Dieses endlose, kalte Weiß. Unberührt. Still. Perfekt. Wunderschön - und doch tödlich für den, der unvorsichtig und leichtsinnig war. Die Natur war hier der Boss, einzig und allein, unbestritten. Wer zu dieser Zeit hier oben lebte, musste bereit sein zu lernen. Zu lernen, wie man überlebt. Wie man ganz allein überlebt. Wie man clever überlebt. Kjell lebte gern hier. Er wollte nirgendwo anders mehr sein. Niemals mehr. Über Kjells Gesicht huschte kurz ein Anflug eines Lächelns.

Er griff sich die Axt, die in einen der Scheite geschlagen war, säuberte mit seinem löchrigen Stofftaschentuch die Klinge, die noch etwas verschmutzt war, was ihre Funktion natürlich nicht einschränkte aber ihn schlichtweg störte, nahm sich einen der dickeren Scheite, schritt hinüber zum Hauklotz und zerteilte das Holz in mehrere schmale Sparren, die bequem in den Herd passen würden. Dann griff er sich einige weitere Scheite für den Kamin und ging zurück zur Tür. Der pulvrige Neuschnee knarzte unter seinen bereits halbzerfaserten Moonboots. Er hielt kurz inne und blickte hinauf zum sternenklaren Himmel. Eine eisige Böe erfasste ihn, zerrte mit aller Schneidigkeit an seiner ledrigen Gesichtshaut und ließ seinen krausen Vollbart flatternd auf und ab tanzen. Am Himmel zeichneten sich die ersten Nordlichter dieser Nacht ab. In unruhigen Bahnen zirkelten sie wie Meereswellen über Kjells Kopf hinweg, wandelten ihren Farbton von hellem Grün über eisiges Blau bis zu blassem Rot und verschwanden dann wieder in der Unendlichkeit des Universums. Kjell lächelte. Es war eine wunderschöne Nacht, und es würde ein wunderschönes Sylvester werden.

Wenn er sich auch sonst in totaler Askese und Einsamkeit übte, zum Jahresende gönnte er sich immer etwas ganz Besonderes. So hatte er es immer gehalten, seit er hierher gekommen war, und so sollte es auch dieses Jahr sein. Schon Wochen vorher hatte er sich darauf gefreut. Und mit den Vorbereitungen begonnen.

In der Hütte legte er die groben Scheite in das bereits knisternde Kaminfeuer und verteilte sie ein wenig mit dem schmiedeeisernen Feuerhaken, der neben dem Kamin an der Wand hing. Wieder holte er das Taschentuch hervor und reinigte auch den Haken, denn auch hier entdeckte er Schmutz. Erneut huschte ein verärgertes Stirnrunzeln über sein Gesicht. Kurz haderte er mit sich, dass er unaufmerksam sei, und dass das nicht perfekt wäre. Nicht perfekt, wie dieses funkelnde Schneeweiß da draußen vor der Tür. Heute sollte alles blitzblank und sauber sein, heute war für Kjell schließlich der schönste Tag des Jahres, schöner als Weihnachten oder sein Geburtstag, von dem er mittlerweile nicht mal mehr genau sagen konnte, auf welchen Tag der eigentlich genau fiel. Schließlich gab es ja hier auch niemanden, der ihm etwas schenken konnte, der sich überhaupt in irgendeiner Weise um ihn scherte. Aber das war auch gut so.

Das zerlegte Holz trug er hinüber zum reichlich betagten Herd mit den unzähligen Rostflecken auf dem weißlackierten Metall, der wohl schon so einige Generationen von mehr oder weniger begabten Köchen miterlebt haben musste. Er öffnete vorsichtig mit einem reichlich zerschlissenen Topflappen in der Hand die heiße Eisenklappe mit dem verschnörkelten Metallknauf an der Vorderseite und warf das Brennholz zu den bereits lodernden Sparren dazu. Dann griff er sich den knorrigen Holzlöffel, den er vor Jahren eigenhändig geschnitzt hatte, hob den Deckel des im Lauf der Zeit bereits rußig schwarz angelaufenen Blechkochtopfes und rührte sein köstliches, dampfendes Mitternachtsmahl einige Male um. Genießerisch atmete er den Duft des kochenden Essens tief ein, ein würziger, aromatischer Duft, der ihm das Wasser im Munde zusammen laufen ließ.

Ja, dafür lohnten sich die ganzen Anstrengungen immer wieder, jedes Jahr aufs Neue. Auf dieses Essen hatte er die ganzen Wochen und Monate hingefiebert, den knospenden Frühling, den heißen, kurzen Sommer, den stürmischen Herbst und den eisig einfallenden Winter lang. Er griff sich einen seiner großen Holzteller - ebenfalls selbstgeschnitzt - und nahm die Schöpfkelle von der Wand. Dann schaufelte er sich zwei Kellen voll von dem köstlichen Gulasch auf den Teller, tat sich aus zwei weiteren Töpfen noch etwas Gemüse und ein paar Kartoffeln auf und brachte das Essen hinüber zum Tisch.

Aufwändig hatte er diesen zuvor gedeckt. Sein feines Tafelsilber hatte er aufgelegt, Erbstück von seiner schon ewig toten Mutter - wie hieß sie noch gleich? - und eines der letzten Relikte aus seiner nun schon Dekaden entfernten Zeit in der Großstadt. Eine Kerze in einem fein ziselierten Messinghalter hatte er anschließend entzündet und sogar eine blütenweiße, frischgewaschene Stoffserviette gefaltet, was ihn fast eine halbe Stunde gekostet hatte, denn eigentlich hatte er keine Ahnung davon, wie diese Dinger überhaupt zu falten waren, und das Ergebnis sah nach wie vor recht, nun ja, eigenwillig aus.

Er dachte noch einmal an den anstrengenden Einkauf zurück, den er für dieses Mahl auf sich genommen hatte. Jedes Sylvester lief diese Prozedur ab, immer wieder in der gleichen Art und Weise und immer wieder anstrengend, nervtötend aber unumgänglich: 2 Stunden mit dem Skibob durch den eisigen Fahrtwind und flirrendes Schneegestöber in den Ort, an der Tankstelle die Kanister für den Skibob füllen, im Supermarkt einkaufen, die schrägen, misstrauischen Blicke der Dörfler ignorieren und noch kurz bei Pelle vorbeischauen.

Pelle besaß die einzige Kneipe im Ort, direkt an der Umsteigehaltestelle der regionalen Buslinie, eine verwitterte Pinte mit von Tabakqualm rußigen Fenstern, durch die man kaum noch etwas erkennen konnte. Nicht gerade besonders originell hatte er sie "Pelles Kro" getauft. Aber sie lag nun mal an dieser vermaledeiten Umsteigehaltestelle, und deswegen lief sein Laden eigentlich auch ganz gut, jedenfalls konnte Pelle sich von den Einnahmen halbwegs über Wasser halten, besonders im Winter, wenn die zugegebenermaßen recht wenigen Reisenden keine Lust hatten, sich beim Warten auf den Anschlussbus die Füße abzufrieren und deshalb lieber in Kauf nahmen, in einer abgewrackten, miefigen Kaschemme rumzuhängen. Also kehrten sie bei Pelle ein. Auch Kjell schaute schon mal herein, besonders zu Zeiten des Jahreswechsels, denn Pelle stellte keine Fragen, ließ ihn einfach in Ruhe sein Bier trinken.

Und dort hatte Kjell sie dann das erste Mal gesehen - Jolanda. Ihre langen braunen Haare waren vom Wind zerzaust und gaben ihr dadurch ein wenig das Aussehen einer Hexe aus einem Märchen der Gebrüder Grimm - zugegebenermaßen einer äußerst attraktiven Hexe. Jedenfalls empfand Kjell das so. Sie war höchstens 30, er hatte sie nicht nach ihrem genauen Alter gefragt, denn das interessierte ihn nicht weiter; auf jeden Fall war sie bedeutend jünger als er, aber sie waren bei einem heißen Punsch, zu dem er sie eingeladen hatte, irgendwie ins Gespräch gekommen. Sie war auf dem Weg nach Süden, Richtung Norrköpping, so erzählte sie, zurück vom Weihnachtsbesuch bei ihren Verwandten an der nordnorwegischen Küste irgendwo bei Hammerfest. Eigentlich interessierte ihn auch das nicht, aber er hatte dennoch geduldig zugehört, zwischendurch gelächelt und sie mit frotzeligen Zwischenkommentaren zum Lachen gebracht. Sie war sehr aufgeschlossen, überhaupt nicht scheu, "geschwätzig" war das Wort, das Kjell benutzt hätte.

Aus einem Punsch wurden mehrere, und ihrer beider Stimmung wurde ausgelassener. Irgendwann tanzten sie sogar zu blechern schepperndem Soul aus der alten Musikbox, die noch mit echten Vinylschallplatten lief. Das Ding mochte wahrscheinlich eine Menge wert sein, wenn nur nicht bereits an einigen Stellen der glänzende Lack abgeplatzt und dunkelroter Rost sich seinen Weg gebahnt hätte. Aber das war Pelles Problem, nicht Kjells.

Als er mit Jolanda im Arm so über die knarrenden Dielen schwofte, und sie ihm sehr nahe war, bemerkte er, wie gut sie roch, etwas süßlich, ein wenig wie Vanille, aber nicht penetrant. Er spürte, wie sich etwas in seiner Hose regte, wie sein Schwanz hart wurde, und er schämte sich dafür. Deswegen war er nicht hier, dafür hatte er Jolanda nicht angesprochen, oh nein. Es widerte ihn an, wenn ihn derart niedere Instinkte überfielen. Das war nicht perfekt, oh nein, überhaupt nicht, das war einfach nur schmutzig. Nur selten holte er sich mal daheim in der Hütte einen runter, meist nur, wenn er etwas zu viel von seinem selbstgebrannten Schnaps gekippt hatte, und hinterher überfiel ihn dann immer auch recht schnell ein schlechtes Gewissen, das ihn zuweilen bis in seine Träume verfolgte und ihn mit heftigen Kopfschmerzen am nächsten Morgen erwachen ließ.

Schnell konzentrierte er sich auf etwas anderes, darauf, dass er die Sickergrube mal wieder abpumpen musste, und der Anflug sexueller Begierde verflog so rasch, wie er sich in Kjells Hose abgezeichnet hatte.

Schließlich lud Kjell Jolanda zu sich nach Hause ein, was ihn große Überwindung kostete, den eigentlich war er kein Aufreißertyp, aber es ergab sich halt so.

Wie es sich immer so ergeben hatte.

Weil Kjell immer wollte, dass es sich so ergab.

Am Tisch sitzend sah er ihr Gesicht wieder vor sich, die großen, nicht einmal entsetzten, nur erstaunten Augen. Da unterschied sie sich von den anderen. Die hatten immer so einen entsetzten, verzweifelten Ausdruck in den Augen gehabt. Aber Jolanda war ja auch eine gewesen, die er sich in der Kneipe angelacht hatte. Nicht im Supermarkt. Oder im Wartehäuschen der Haltestelle. Oder an der Tankstelle. Oder sonstwo in dem Kaff. Klar, sie hatte zunächst gezögert, würde er sie denn rechtzeitig zum Anschlussbus zurückbringen, und sie kannten sich doch erst eine knappe Stunde und dann noch so weit raus aus dem Ort? Aber dann hatte sie doch zugestimmt, Kjell war selbst erstaunt gewesen, und bis jetzt konnte er sich nicht erklären, was sie letztendlich dann doch dazu bewogen hatte, sich hinter ihm auf seinen Skibob zu klemmen und durch den eisigen Frost mit ihm zu seiner verschneiten Holzhütte weit abseits aller Zivilisation zu knattern.

Tja, sagte sich Kjell, die in der Kneipe waren immer aufgeschlossener gewesen, vielleicht, weil man sich in einer Kneipe grundsätzlich geselliger gibt oder weil einem der Alkohol die Zunge lockert und die Hemmungen nimmt oder weiß der Teufel, warum. Ja, Jolanda war doch in vielen Punkten anders. Er hatte mit ihr ja sogar geredet. Oh ja, sie war wirklich anders. Anders, als die anderen aus den vergangenen Jahren. Anders, als all die Annas, Maries, Fridas, Ingas und wie sie auch immer geheißen haben mochten. Wie viel mochten es mittlerweile sein? 10? 20? Oder 100? Er hatte keine Ahnung, er hatte schließlich nicht mitgezählt, wozu auch, er war ja kein Beamter oder Buchhalter oder so was. Es interessierte ihn einfach nicht. Das waren Randerscheinungen. Viel wichtiger waren andere Dinge. Und die kamen erst hinterher.

Und nie hatte jemand was bemerkt. Oder es wollte niemand was bemerken. Hier draußen wollten sie ihre Ruhe haben, bloß keine Scherereien, das Leben hier draußen war so schon deprimierend genug. Wenn mal jemand Offizielles aus der nächsten Stadt nachgefragt hatte, irgend so ein neunmalkluger Inspektor mit graumeliertem, adrett seitengescheiteltem Haar und faltigem Trenchcoat und einem jungdynamischen Assistenten mit Nickelbrille und Wildlederslippern an seiner Seite, die in ihrem dicken Volvo oder Saab oder sonst was Großem vorgefahren kamen, wenn so was in der Art also nachfragte, wo denn Anna oder Frida oder Inga geblieben war, hatten sie nichts gewusst. Oder so getan, als wüssten sie nichts. Hatten mit den Augen gerollt, seufzend zum Himmel hinaufgeblickt und sich über diese furchtbare Welt beklagt, in der sie lebten, mit all diesem Raub, Mord und Totschlag. Man sei ja nirgendwo mehr sicher. Aber hier draußen wäre ja zum Glück noch alles so ruhig und friedlich wie in alten Zeiten. Hoffentlich möge Anna oder Frida oder Inga bald wieder auftauchen, vielleicht ist sie ja nur spontan verreist oder so, das machen die jungen Leute doch heutzutage ganz gern mal. Ach, hier wollte sie lang? Hatte ein Busticket für diese Strecke gekauft? Nein, so was aber auch! Aber hier habe man nun wirklich nie jemanden bemerkt, auf den die Beschreibung passen würde, gewiss nicht, Herr Inspektor. Dann hatte der Herr Inspektor zusammen mit seinem Assistenten noch ein bisschen herumgestöbert, diesen befragt und mit jenem geredet, hier nach Spuren gesucht und dort nach Indizien geforscht und in seltenen Fällen sogar eine Sondereinheit aus dem Süden angefordert, die mit Hunden und Helikoptern alles durchkämmt aber nie auch nur den geringsten Hinweis auf Anna, Frida oder Inga gefunden hatten. Sogar Kjell hatten sie schon mal besucht, ihn befragt, fast schon verhört, nichts entdeckt und waren wieder abgezogen. Tja, und dann war der Herr Inspektor wieder mit seinem Nickelbrillen-Assistenten und seinen Spezialkommandos verschwunden und hatte daheim im Revier in seinem blassgrau getünchten Dienstzimmer eine weitere knittrige Vermisstenakte geschlossen, ins Archiv getragen und war zu seiner Frau und den beiden Kindern nach Hause ins schmucke Vorstadthäuschen mit dem kleinen Gärtchen drumherum gefahren.

Na ja, egal, jedenfalls war es um Jolanda fast ein bisschen schade. Sie wirkte so agil, so tatendurstig, so temperamentvoll.

So frisch.

Aber letztenendes wollte Kjell sich zu Sylvester immer etwas ganz Besonderes gönnen, basta. Und das hatte er noch jedes Jahr getan, seit er hier lebte. Nur seine Aufmerksamkeit ließ offensichtlich etwas nach. Dieser Schmutz überall...

Nachdenklich schüttelte er den Kopf. Er nahm sich vor, in Zukunft wieder besser darauf zu achten, dass alles schön sauber war, wirklich alles, auch die Axt und der Haken. Er blickte hinauf zu seiner schwerfällig tickenden Wanduhr. Sie zeigte Punkt 12 an. Konnte zwar sein, dass sie mittlerweile eine halbe Stunde vor oder nach ging, aber auch das war unwichtig. In Kjells zeitlicher Realität war es jetzt Mitternacht. Das neue Jahr begann. Endlich. Er lächelte. Das Festmahl konnte beginnen. Es war einfach perfekt.

"Ich muss alles schön sauber halten, auch die Axt und den Haken", flüsterte er noch einmal vor sich hin. Dann bis er hungrig in das frischgekochte Fleisch...

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