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Tödliche Liebe
Ich weiß nicht, wie lange ich noch durchhalte. Das DING
darf nie erfahren, daß ich diese Notizen mache. Meine Hände können den
Stift kaum halten...
Es ist so schwer...
Alles begann vor vierzehn Tagen. Ich hatte mich mit Britta verkracht
- naja, verkracht ist eigentlich übertrieben. Ein kleiner Streit, weiter
nichts. Manchmal zieht man sich eben gegenseitig an Kleinigkeiten hoch,
und plötzlich kommt man vom hundertsten ins tausendste.
Jedenfalls bin ich am selben Abend Britta in die Bar gefolgt, wo sie
arbeitet und uns das Leben und mir die Schriftstellerei ermöglicht.
Ich wollte mich bei ihr entschuldigen. Das fiel mir noch nie besonders
leicht, und meistens mußte ich erst den einen oder anderen Mutmacher
kippen, um es hinzukriegen. So auch an diesem Freitagabend. Warum ich
so lange mit der Entschuldigung zögerte, weiß ich heute nicht mehr.
Die Erinnerungen sind nicht immer so klar wie jetzt, manchmal verschwimmt
alles.
Da war dieser dunkle Typ - er sah gut aus, verdammt gut! Britta ließ
kein Auge von ihm, und er unterhielt sich sehr angeregt mit ihr. Langsam
schlich ich mich mit meinem Drink in der Hand näher an die beiden heran,
um zu hören, was sie redeten.
"Du hast eine wunderschöne Brust!"
Mir blieb die Spucke weg! Der Kerl schaute unverhohlen in Brittas verführerischen
Ausschnitt und sagte ihr rundweg ins Gesicht, was zwar offensichtlich,
aber normalerweise kein Gesprächsthema war. Und was mir endgültig die
Besinnung nahm, war Brittas glucksendes Lachen, mit dem sie dem Fremden
antwortete, anstatt ihm auf diese Unverschämtheit eine zu schmieren.
Es brauchte nur noch etwa drei weitere Sätze in dieser Tonart, bis er
sie fragte: "Kommst du nach Feierabend mit zu mir?"
Mir platzte der Kragen. Heute weiß ich, daß sie geantwortet hat: "Selbstverständlich!"
Damals wollte ich die Wahrheit nicht mehr wahrnehmen. Ich schlug zu.
Natürlich wehrte er sich. Einen kurzen Moment sahen wir uns direkt in
die Augen, die Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt. Ich habe
noch niemals so tiefschwarze Augen gesehen. Ein böses, giftgrünes Sternchen
glomm in ihnen, wie ein Leuchtkäfer am Boden eines schier unendlichen
Schachtes. Diese Augen strahlten furchtbare Kälte aus, und eine Gier
schlug mir entgegen, die mich einzusaugen schien wie ein gigantischer
Strudel.
Obwohl ich nach dem kurzen Handgemenge eindeutig der Besiegte war, klammerte
sich Britta an diesen Typen, streichelte sein Gesicht und bemitleidete
ihn. Dann schrie sie mich an, ich solle aus ihrem Leben verschwinden.
Sie trugen mich raus, und das letzte, was ich sah, war, wie der Fremde
meine Braut küßte.
Am Montag vormittag entließen sie mich wieder aus dem Krankenhaus. Über
sechzig Stunden lang hatte mir meine Phantasie einen Liebesfilm mit
Britta und dem Fremden in den Hauptrollen vorgespielt. Muß ich erwähnen,
daß es mir beschissen ging?
Unsere gemeinsame Wohnung fand ich leer. Brittas Sachen waren verschwunden.
Ich heulte und klaubte sogar ihre Haare zusammen, die ich noch im Kamm
fand. Verdammt, ich habe sie geliebt! Ein kleiner Streit war doch kein
Grund, sich gleich bedingungslos einem anderen an den Hals zu schmeißen!
Ich konnte damals ja noch nicht ahnen, daß sie keine andere Wahl hatte.
Am Abend ging ich wieder in die Bar. Willy, der dicke Türsteher, ließ
mich erst hinein, nachdem ich ihm hoch und heilig versprochen hatte,
mich zu benehmen. Außerdem kostete das zehn Mark extra. Als ich Britta
sah, zog sich mir das Herz zusammen! Britta war immer eine schlanke,
gut gebaute Frau gewesen. Wohlproportioniert, könnte man sagen. Ich
fand sie immer perfekt. Sexy. Dazu ein rundliches Gesicht mit großen
braunen Augen, umrahmt von weichen Locken, die sich immer dagegen wehrten,
um den Finger gewickelt zu werden.
Vor mir stand eine Karikatur. Das Gesicht wirkte - ja, welk ist wohl
der richtige Ausdruck. Ihre Backenknochen spießten sich fast durch die
fleckige Haut. Die Haare hingen strähnig herunter, ihre großen Augen
wirkten in den tiefen, dunklen Höhlen stumpf und ausdruckslos. So mußte
ein Mensch nach drei Monaten Arbeitslager in Kasachstan aussehen.
Sie sprach nur ein einziges Wort zu mir: "Verschwinde!"
Ich redete auf sie ein und versuchte, sie wenigstens zu einem Gespräch
zu animieren - zwecklos. Auch ein Treffen am nächsten Tag lehnte sie
mit einem müden Kopfschütteln ab.
"Ich liebe dich, Britta!" beteuerte ich mehrmals. Nichts half. Eine
Stunde und mehrere Drinks später, kurz vor Brittas Feierabend, traf
der Fremde wieder ein. Sie lebte für ein paar Minuten auf und verließ
dann an seinem Arm die Bar.
"Schade um sie", flüsterte mir Cornelia, ihre Ablösung, zu. Sie schob
mir noch einen Drink herüber.
"Wie meinst du das?" Ich sah sie entgeistert an.
"Na, schade um Britta. Es war heute ihr letzter Tag hier. Wußtest du
das nicht?"
"Was heißt das: letzter Tag?" In mir krampfte sich alles zusammen. Langsam
begann ich zu begreifen, wie endgültig es aus war zwischen uns beiden.
"Ab morgen muß ich ein paar Stunden länger arbeiten, das heißt das.
Britta ist zu diesem komischen Typen gezogen und hat sofort hier gekündigt.
Ich meine, es geht mich ja nichts an, aber - du hast dich zwar wie ein
Riesenarschloch benommen vor drei Tagen, und ihr Neuer sieht wirklich
super aus - trotzdem: Du wärst der bessere für sie gewesen."
Während Conny weiterphilosophierte und dabei Gläser spülte, rutschte
ich schon von meinem Hocker und torkelte aus der Bar. Ich liebte Britta.
Ich haßte die Welt. Und die Grenzen dazwischen verschwammen im Alkohol.
Es dauerte vier Tage, bis ich Britta fand. Durch meine Schriftstellerei
- die ich nun mangels Zeit und Geld und vor allem mangels Erfolg wohl
vergessen konnte - war ich recherchieren gewohnt. Aber trotzdem war
es schwer. Sie war zu dem Fremden in sein Hotelzimmer gezogen und hatte
dieses seit ihrem letzten Abend in der Bar nicht mehr verlassen. Ja,
er wohnte im Hotel. Sie war zu einem Fremden, der erst seit einer Woche
in der Stadt war, ins Hotel gezogen - mit Sack und Pack. Das war nicht
Britta! Das konnte sie nicht sein! Ich kannte sie doch schon seit Jahren!
Als ich mir sicher war, daß Fred Heller - ich bekam seinen Namen an
der Rezeption heraus - nicht auf seinem Zimmer im zweiten Stock war,
schlich ich mich hin.
Viermal mußte ich klopfen, ehe Britta die Tür einen Spaltbreit öffnete.
Sofort schlug sie sie wieder zu, als sie mich erkannte. Ich stand wie
versteinert. Für einen kurzen Moment, den Bruchteil einer Sekunde, sah
ich ein Gesicht, wie ich es mir niemals hätte vorstellen können. Wären
diese braunen, sanften Augen nicht gewesen, die mich aus der grauen,
faltigen Fratze eines Totenschädels angesehen hatten, ich hätte Britta
niemals erkannt. Niemand hätte in ihr die sechsundzwanzigjährige, lebenslustige
und hübsche Frau erkannt, die sie noch vor ein paar Tagen war. Aber
was das Schlimmste war: ihre Augen wirkten tot. Britta lebte noch, bewegte
sich noch, aber in dem Moment, als ich sie sah, wußte ich: Sie ist tot.
Wie von Sinnen raste ich aus dem Hotel. Ich mußte einen Arzt rufen,
sofort! Und vor allem mußte ich irgend etwas unternehmen, damit sie
zu mir zurückkam - oder wenigstens fort von diesem Monster, das sie
fertigmachte!
Der Arzt, den ich aus der nächsten Kartentelefonzelle anrief, mußte
mich für einen Geisteskranken halten, denn ich stammelte nur etwas von
toten Augen in den Hörer. Er versprach aber trotzdem, in das Hotel zu
fahren. Nachdem das erledigt war, überfiel mich Ratlosigkeit. Was sollte
ich tun? Zur Polizei gehen und sagen, meine Ex-Freundin würde in einem
Hotelzimmer gefangengehalten? Nun, bei Brittas Aussehen wäre das vielleicht
sogar eine Möglichkeit. Andererseits - wer würde mir glauben, daß
Heller schuld an ihrem Zustand war? Ich konnte es mir ja selbst nicht
richtig erklären, aber ich war mir sicher. Vielleicht hypnotisierte
er sie oder setzte sie unter Drogen?
Nach langem Überlegen rief ich die Polizei an. Anonym. Der Beamte sagte,
Kidnapping sei nichts, mit dem man spaßen solle. Die Polizei drehte
an der Rezeption wieder um. Sie hatten sich nach Britta erkundigt. Sie
war offiziell gemeldet und hatte vor Zeugen freiwillig unterschrieben.
Es gab keine Anzeichen auf irgendeine Form von Unfreiwilligkeit. Der
Arzt mußte auch unverrichteterdinge wieder gehen. Britta fertigte ihn
durch die geschlossene Tür ab. Was sollte er tun? Gewaltsam einbrechen?
Ich saß im Cafe des Hotels und sah mir die Sinnlosigkeit meiner Bemühungen
an. Es gab nur einen Ausweg: Fred Heller mußte sterben. Wie viele Stunden
wälzte ich Pläne, wie oft überlegte ich, was zu tun sei - aber ich wußte,
es gab keine Möglichkeit, innerhalb eines Tages den perfekten Mord zu
planen. In dem Moment, wo ich Fred Heller umbrachte, würde ich ein gesuchter
Mörder sein. Und wahrscheinlich sehr bald darauf auch ein gefundener.
War Britta das wert? Sie war nicht mehr die Britta, die ich kannte;
es gab für uns keine Chance mehr, keine Zukunft. Aber konnte ich sie
deshalb jetzt sterben lassen? Ich wußte, daß sie starb, wenn ich nichts
unternahm. Und das schnell!
Eine Magnum ist ein ziemlich schweres, klobiges Gerät. Sie ist laut,
aber auch sehr effektiv. Ich dürfte sie eigentlich nicht besitzen, aber
ich habe sie nun einmal. Und letztes Wochenende schien mir der richtige
Zeitpunkt, sie einzusetzen. Das Zimmer, in dem Britta mit diesem Heller
lebte, ging zum Hof des Hotels hinaus. Es war einfach, nach Einbruch
der Dunkelheit heimlich den niedrigen Zaun zu überwinden und auf einen
der großen, kräftigen Lindenbäume zu klettern, die hinter dem Haus standen.
Von einer Astgabel aus hatte ich freien Blick in Hellers Zimmer. Es
war nur von einer kleinen Nachttischlampe erleuchtet und die Vorhänge
waren offen. Ich konnte genau auf das Bett sehen. Einzelheiten waren
nicht zu erkennen, aber die Bettdecke wippte auf und nieder - offensichtlich
waren die beiden gerade dabei, sich zu lieben. Ich mußte wieder an Brittas
verfallenes Gesicht und den abgemagerten Körper denken. Dieser Heller
war offensichtlich total pervers! Egal. Irgendwann würde er fertig sein,
und wenn er mir einen Gefallen tat, trat er an das halboffene Fenster
und rauchte eine Zigarette, während seine Gedanken bei bleichen Knochen
und stöhnenden Leichen waren.
Ich wäre fast wieder vom Baum gefallen, als plötzlich dicht neben mir
ein leises Klicken zeigte, daß jemand eine Waffe entsicherte. "Wer sind
Sie?" flüsterte eine männliche Stimme durch das Rauschen der Blätter.
Ich tastete nach meiner Waffe. "Das kann ich wohl auch fragen!" zischte
ich zurück. "Kommen Sie nicht auf dumme Gedanken. Ich möchte Ihnen nichts
tun." Die Stimme des anderen klang ehrlich.
"Ich glaube, wir haben einen gemeinsamen Feind." Langsam schob sich
ein Schatten in dem finsteren Blattwerk an mich heran. "Ja, Sie sind
es", sagte der Unbekannte wie zu sich selbst. "ES hat Ihre Kleine, nicht
wahr?" Ich habe keine Ahnung, woher ich das wußte, aber in dem Moment,
wo der Fremde das sagte, war ich sicher, einen Verbündeten gefunden
zu haben. Er hatte Heller mit ES angeredet, und genau das schien mir
auf seltsame Weise richtig zu sein.
"Ja", antwortete ich deshalb kurz und zog die Hand wieder von der Waffe
weg.
"Damit können Sie ES nicht besiegen, glauben Sie mir." Er schien die
Bewegung gesehen zu haben.
"Aber ES bringt Britta um!" keuchte ich verzweifelt.
"Ja." Die Stimme klang resigniert. "Ja, ES bringt sie um. Sie alle.
Aber wir können nicht einfach hingehen, eine Pistole ziehen und ES töten."
"Warum nicht?"
"Scht! Nicht so laut! Oder wollen Sie die Polizei zu uns rufen? Ich
kann Ihnen nicht alles erklären, aber glauben Sie mir - so geht es nicht!"
"Wieso sollte ich Ihnen glauben? Sie sitzen hier in einem Baum und sehen
anderen Leuten ins Bett!"
"Sie doch auch!" Der Spott war deutlich hörbar. "Ich kann Sie nur warnen:
Sollten Sie versuchen, ES zu töten, wird ES Sie töten. ES ist kein Mensch."
"Aber was dann?"
"Das kann ich nicht sagen. Noch nicht." Einige Sekunden herrschte Stille,
dann verschwand der Schatten von meiner Seite wieder und ich hörte ein
leises Rascheln. "Hallo?" Keine Antwort. Kurz darauf huschte eine Gestalt
über den Hof und verschwand in der Dunkelheit. In Hellers Zimmer hob
und senkte sich die Bettdecke gleichmäßig im Rhythmus der beiden Körper.
Durch das angekippte Fenster hörte ich Brittas Stöhnen. Sie war nie
eine leise Liebhaberin gewesen, und ihre Lustschreie hatten manches
Mal zu Kommentaren der Nachbarn geführt. Aber heute klangen die stoßweisen
Schreie ihrer Lust anders. Wie Schmerzensschreie. Heller trat nicht
an das Fenster, als sie fertig waren. Er stand einfach auf und sah auf
die reglose Bettdecke herab, als würde darunter sein Opfer liegen. Tat
es das nicht auch?
Ich zog die Magnum und zielte, so gut ich in der Dunkelheit konnte.
Plötzlich ruckte Hellers Gesicht zu mir herum und er sah mich an. Trotz
der guten zwanzig Meter Entfernung spürte ich genau seinen Blick, und
wieder, wie ein paar Tage zuvor in der Bar, schlug mir eisige Kälte
entgegen und ließ mich schaudern. Die Waffe zitterte in meiner Hand,
und fast hätte sich der rechte Zeigefinger von selbst um den Abzug gekrümmt.
In demselben Augenblick fühlte ich, daß der Unbekannte Recht haben könnte:
Heller war kein Mensch. Was auch immer er war, er war kein Mensch. Als
ich unbeholfen und mit klopfendem Herzen vom Baum rutschte wie ein ertappter
Sünder, folgte mir sein Blick. Er lächelte kalt. ES lächelte kalt...
Am nächsten Nachmittag fanden sie Brittas Leiche im Hotelzimmer. Von
Heller fehlte jede Spur. Er war am Morgen abgereist, die von ihm angegebene
Adresse in Dortmund existierte nicht. Der Arzt bescheinigte, daß es
kein Mord war. Britta starb mit sechsundzwanzig an Altersschwäche. Ihr
Leichnam wurde an die Universitätsklinik überführt, da man eine seltene
Störung bestimmter Drüsenfunktionen vermutete. Ich stand auf der anderen
Straßenseite zwischen dutzenden Gaffern und sah hilflos zu, wie sie
die mit einer dunklen Plastikfolie überspannte Bahre einluden.
"Gemeinsam werden wir es schaffen, ES zu besiegen."
Ich erkannte die Stimme sofort und fuhr herum. Hinter mir stand ein
etwa fünfzigjähriger hagerer Mann mit grauem, kurzem Haar.
"Warum haben Sie nichts dagegen getan?" Anklagend zeigte ich auf den
Krankenwagen, der gerade mit Britta zur Uniklinik davonfuhr.
"Weil es noch zu früh ist. ES ist mächtig und geradezu unverwundbar.
ES kann seine Gestalt verändern und seine Wunden selbst heilen."
"Verdammt, ES ist ein Psychopath!" schrie ich den Alten plötzlich an.
"ES ist ein Monster, und Sie sind ein Idiot, der Scheiße erzählt!" Ich
stürmte unter den verwunderten Blicken der anderen davon.
Drei Tage lang versuchte ich, Hellers Spur aufzunehmen, aber er war
wie vom Erdboden verschluckt. Drei Nächte lang dachte ich an Britta,
an unsere gemeinsame Zeit, den sinnlosen Streit und den Horror, den
ich damit heraufbeschworen hatte - denn nach und nach gab ich mir immer
mehr selbst die Schuld an allem, was geschehen war. Am zweiten Abend
und nach einer halben Flasche Scotch kam der unbekannte Alte zu mir
und tischte mir noch einmal etwas über einen Dämonen aus der Hölle auf.
Ich wünschte ihn zum Teufel und beherrschte mich, ihm nicht seinen ganzen
Blödsinn aus der Birne zu prügeln. Ich sah ihn nie wieder. Heller war
ein Perverser, ein psychopathischer Mörder, einer, der seine Opfer unter
Drogen setzte und dann ihren Willen brach. Er hatte Britta ermordet
und dafür würde er sterben!
Hätte ich dem Alten doch besser zugehört! In der dritten Nacht - das
war vorvorgestern - hatte ich mich in Brittas alter Bar gerade dem Selbstmitleid
und einer Flasche billigen Whiskeys ergeben, den mir Conny eher widerwillig
verkauft hatte, als sie hereinkam. Es gibt Frauen, die einem Mann nur
bei ihrem Anblick schon das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Aber
gegen sie waren das nur Kleiderständer.
Spüre ich da Verurteilung, wo ich doch gerade Britta verloren und Blutrache
für ihren Tod geschworen hatte? Ja, unter normalen Umständen hätte ich
Verachtung verdient. Aber so? Sie hieß Minka, ein etwas exotischer Name,
der mich an eine Katze erinnerte, aber das paßte zu ihr: zu ihrer schnurrenden
Stimme und den gleitenden, katzenhaften Bewegungen ihres geschmeidigen
Körpers...
Sie setzte sich zu mir, und mir schwanden die Sinne. Ich sah nur noch
sie. Unsere Konversation beschränkte sich auf einige geschnurrte Bemerkungen
und ein paar tölpelhafte Dummheiten, die ich mit trockener Kehle erwiderte,
bis sie zur Sache kam: "Willst du mit mir schlafen?" Ihre glitzernden
Lippen bebten, und alleine dieser Anblick ließ mir die Hose zu eng werden.
Wie zufällig strich sie genau in diesem Moment mit ihren sanften Fingern
über die Stelle zwischen meinen Beinen. Hätte Britta noch gelebt, hätte
ich sie wahrscheinlich sofort verstoßen und mich in die Arme dieses
fleischgewordenen feuchten Traumes gestürzt. Alles andere war nebensächlich,
Minka war die ganze Welt und die ganze Welt war Minka. Ich versank in
ihren tiefen schwarzen Augen, an deren Grund kleine, grüne Sterne tanzten
wie Leuchtkäfer am Boden eines schier unendlichen Schachtes.
"Selbstverständlich!" hauchte ich...
ES kommt gleich wieder. Immer wenn das DING unterwegs ist, sperrt ES
mich ein und nimmt dann den Bann von mir. Das tut ES sonst nie. Die
anderen starben mit dem Gefühl der reinen Wollust. Aber ich soll leiden,
weil ich ES töten wollte. Deshalb darf ich auch mit vollem Bewußtsein
in den Spiegel schauen und sehen, wie ich Tag für Tag ein Stückchen
sterbe. Bald kommt ES wieder zu mir, und ich verfalle dem teuflischen
Bann und schlafe mit der schönsten Frau der Welt - nur um danach, wenn
ES wieder gegangen ist, SEIN und mein wahres Gesicht zu erkennen. Das
DING hockt auf mir und zieht mir mit jedem Stoß die Energie aus dem
Körper, die ES selbst so dringend zum Leben benötigt. Verschwunden sind
die geschwungenen Kurven weicher Haut, die glänzenden, halbgeöffneten
Lippen mit dem leisen, wollüstigen Stöhnen, die schwingenden Brüste
- über mir hockt das DING, ein grünschuppiger, geifernder Alptraum aus
der Hölle, und ich bin IHM/ihr in ewiger, tödlicher Liebe verfallen...
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