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Was Sie beim Morden zu beachten haben
What to mind when to murder

Ein kleiner Diskurs

Einleitung
Es gibt viele Lehrbücher. Denken wir an Rechtslehrbücher: Strafrecht, Mietrecht. Es gibt sogar Statistiklehrbücher. Allerlei kluge Menschen haben ihre klugen Gedanken, Erkenntnisse und Fakten zu Papier gebracht und ich habe das Ziel, mich mit diesem kleinen Exkurs in dieser Riege einzureihen. Das, was ich zu vermitteln habe, ist mir immerhin nicht in die Wiege gelegt worden, Sie müssen schlau sein, ansonsten.....

Ich sollte anfangen, meine Zeit ist knapp.

Wie begehe ich einen Mord? Erstens ist wichtig: Was wollen Sie? Einen langsamen oder einen schnellen Tod ihres Opfers? Zweitens ist zubedenken: Wer bietet sich an als Opfer?
Auszuschließen sind Menschen, die Sie kennen. Wenn Sie diese umbringen, dann hat man Sie schnell, da man ja nur im Bekanntenkreis des Opfers suchen wird (Stichwort: Beziehungstat!).

Am besten ist ein Zufallsopfer und keinerlei Zeugen. Was bietet sich nun an als Ort? Ein Rummelplatz ist zum Beispiel genial. Was meinen Sie, wie die Menschen unaufmerksam sind in einer großen Menge. Alle achten nur auf ihre Geldbörsen und daß sie sich gegenseitig nicht auf die Füße treten. Sie achten auf alles, nur nicht auf ihr Gegenüber. Fazit: Der Rummelplatz ist eine wunderbare Fundgrube potentieller willenloser Opfer (aber dazu komme ich noch).

Es bietet sich auch die Nacht an. In ihrem Dunkel kann niemand den anderen sehen: Sie selbst können sich vollkommen unsichtbar an Ihr Opfer anschleichen. Zeugen gibt es auch keine. Gut, man muß auch immer den Zufall mit einplanen. Es kann immer sein, daß Sie doch jemand sieht, den Sie nicht gesehen haben. Dieser wird sie bei der Polizei beschreiben. Aber glauben Sie mir: Als Kenner weiß ich, daß Sie solche Zeugenaussagen nicht fürchten müssen. Da werden Sie plötzlich braune Haare haben, obwohl Sie doch bei eindeutiger Betrachtung blond sind. Oder Ihr Pullover sei rot gewesen, aber derartige Kleidung haben Sie niemals besessen. Für diese Dinge kann ich Ihnen noch unzählige Beispiele anführen. Zwar sollten sie sich nicht darauf verlassen. Aber die meisten Menschen verfügen über eine Beobachtungsgabe, die ihrer selbst spottet.

Zurück zum Anfang: Wichtig ist, ob Sie Ihr Opfer leiden lassen möchten oder ob es einen schnellen Tod sterben darf. Ja, es kommt dabei ganz auf Ihre Menschlichkeit an - aber auch auf die Situation, in der Sie und Ihr Opfer sich befinden. Sind Sie mit ihm allein und widerspricht es nicht Ihrem Gewissen, dann ist der langsame Tod des Opfers angebracht. Aber ich muß Sie warnen: Es ist wirklich nicht besonders schön. Vielleicht sind Sie nicht dafür geschaffen, ein Lebewesen leiden zu lassen; darüber sollten Sie sich vorher Gedanken machen. Unnötiges Quälen bringt Ihnen für die Zukunft nur Gewissensbisse und erzeugt Streß bei der Tat. Dadurch machen Sie Fehler und erzeugen Spuren, Indizien, die die Polizei dankend entgegennimmt.

Also, überlegen Sie genau!
Ich würde Ihnen vorschlagen: Bei Ihrem ersten Mord sollte es schnell gehen, damit Sie sich an das Gefühl gewöhnen können. Das Gefühl, wie es ist, Macht zu haben. Sie werden in Ihrem Adrenalin schwimmen! Es ist wundervoll, sich wie ein Gott zu fühlen. Aber werden Sie nicht zu übermütig: Auch ein Gott ist schon ans Kreuz genagelt worden - so kann es Ihnen auch gehen, sinnbildlich gemeint, wenn Sie sich nicht genau daran halten, was ich Ihnen als Ratschlag mit auf den Weg gebe.

Tragen Sie keine Kette, keinen Ring, keine Uhr und kein sonstiges Armband! Vermeiden Sie Knöpfe an Jacke und Hemd, die Ihnen das Opfer im Todeskampf abreißen könnte. Glauben Sie nicht, daß Sie so etwas bemerken würden; Sie stehen unter Streß; Sie sind dabei, zu töten! Ringe hinterlassen oft unschöne Wunden z. B. an der Wange des Opfers. Wenn Sie einen Siegelring tragen und Sie schlagen Ihr Opfer - glauben Sie nicht, daß Sie das steuern können, wohin Sie schlagen; es ist wie ein Rausch, in dem Sie sich befinden! Achten Sie zudem darauf, daß Sie selbst keine Wunden davontragen (wie erklären Sie Ihrer Frau Kratzspuren am Rücken, die eindeutig nicht von ihr selbst stammen können?).

Tragen Sie unbedingt Kleidung, die Ihre Frau nicht vermissen würde! Achten Sie darauf, daß Sie Kleidung zum Wechseln dabeihaben und daß Sie nicht plötzlich mit einem anderen Anzug am Abend nach Hause kommen. Ihre Kleidung sollte gebügelt sein, nicht zerknittert, sonst erwecken Sie Mißtrauen. Wählen Sie Verstecke für die Mordkleidung oder für Andenken von Ihren Opfern sorgfältig aus - diese werden zu oft gefunden!

Vergessen Sie niemals Handschuhe. Besser noch: Rasieren Sie sich die Haare ab. Heute kann man an einem Haar schon Dinge entdecken, das glauben Sie gar nicht. Tragen Sie eine Perücke, die Ihrem Naturhaar gleicht - so merkt Ihre Umgebung nichts. Kein Haar sollte an Ihrem Körper sein; machen Sie es sich zu einem Ritual, sich vor jedem Mord vollständig zu rasieren.

Wie Sie es letztendlich machen, das überlasse ich ganz Ihnen, aber Rituale sind generell ein Erkennungszeichen von jedem guten Massenmörder: Seien Sie kreativ! Manche meditieren, andere opfern Tiere für das gute Gelingen ihres Werkes. Eines aber sollten Sie unbedingt beachten. Seien Sie unauffällig! Sie können niemandem, auch nicht Ihrem Partner von Ihrer Tat erzählen. Was Sie mit Stolz erfüllt, verachten andere. In den Augen anderer sind Sie ein Mörder. Andere denken nicht so wie Sie - nicht wie ein Mörder. Selbst Ihr Partner ist nicht Ihr Freund - er würde zur Polizei gehen, Sie verraten, ohne mit der Wimper zu zucken. Er hätte kein Mitleid mit Ihnen und...Liebe....vergessen Sie es! Aber der Partner ist eine gute Tarnung. Auch Kinder sind eine gute Tarnung. Eben ein biederer Familienmensch - das ist eine gute Tarnung! Seien Sie wie immer. Geben Sie für die Mordzeit eine bestimmte Arbeit vor! Bedenken Sie: Nur Sie wissen, daß Sie Macht haben, daß Sie Gott sind! Die anderen erkennen dies nicht. Sie würden sich nur dem Spott preisgeben, wenn Sie mit heroischen Anwandlungen ins Büro kommen würden!

Ich erinnere daran, daß Ihr Opfer nicht aus Ihrem Bekannten- oder gar Familienkreis stammen darf. Auch Kinder scheiden aus. Es geziemt sich nicht, daß sich ein Erwachsener an Kindern vergeht, sie ermordet. Bedenken Sie, es gibt auch bei Mördern eine Ehre. Somit sind Kinder, Alte und Behinderte tabu. Was wären Sie für ein Mensch, der diese Regeln verletzt? Sie werden kein Mörder, der dieses gelesen hat. Beachten Sie die Berufsehre und Ihnen ist Anerkennung gewiß. Für einen Mord eignet sich ein Beruf, bei dem Sie viel reisen oder unterwegs sind.

Als Opfer bieten sich Männer wie auch Frauen an. Ich rate Ihnen: Üben Sie ein wenig das Morden, bevor Sie sich beispielsweise an einer Frau vergehen und verhüten Sie intime Spuren!

Wenn Sie in verschiedenen Ländern morden, dann vergessen Sie nicht, daß überall ein ein ausgeklügeltes Netzwerk der vollziehenden Gewalt seine Augen offen hält.

Sie können aber das Opfer auch nur quälen. Auch das ist schön. Es gibt ja allerlei Folterwerkzeuge - mit ein wenig Phantasie fällt Ihnen selbst sicherlich etwas ein. Nehmen wir zum Beispiel eine Frau, die wir töten wollen. Wir können sie ausziehen, aber auch angezogen kommen wir auf unsere Kosten. Wir können sie auch zwingen, daß sie sich auszieht - vergessen Sie nicht! Sie sind Gott! Sie haben Macht über diesen Menschen. Stellen Sie sich vor, mit Rasierklingen in einen schlanken weißen Körper einzudringen. Das rote Blut wird zum Rinnsal.....

Stellen Sie sich weiter vor...die Schmerzenschreie, die aus der Kehle des Opfers dringen. Wenn Sie wollen, daß es schreit, dann müssen Sie sich unbedingt eine einsame Gegend aussuchen, damit niemand etwas hört. Wenn das nicht geht, dann stecken Sie ihm einen Knebel in den Mund und genießen Sie die Bewegungen, die von seinen gesteuert werden, aber auch die Augen! Die Augen Ihres Opfers sind wichtig! Die Angst, die Sie dort sehen werden, wird den Lustgewinn unbedingt steigern! Das kann ich Ihnen versichern. Wenn Sie Ihr Opfer langsam verbluten lassen wollen, dann sorgen Sie für einen Ort, wo Sie ungestört sind. Störungen - bedenken Sie dies - verursachen Streß bei Ihnen und sind auch wenig tauglich, die ganze Sache - hier den Mord an einer jungen Frau - zum erfolgreichen Abschluß zu bringen. Brennende Zigaretten sind auch geeignete Marterwerkzeuge. Wichtig ist, daß Sie Ihr Opfer vorher gefesselt haben! Sie können ihr auch bei lebendigem Leibe die Gliedmaßen entfernen; aber ich sage Ihnen: Sie könnte ohnmächtig werden und sie kommen um den Genuß des Quälens. Das Auspeitschen ist auch eine gute Art, sein Opfer langsam sterben zu lassen. Sie müssen Zeit für den Mord haben. Das ist wichtig. Lassen Sie sich viel Zeit. Um so schöner für Sie. Bedenken Sie: Das Opfer hat nur noch diesen kurzen Augenblick bis es stirbt - zeigen Sie sich gnädig, so wird es für alle, die daran beteiligt sind, ein unvergeßliches Erlebnis. Merken Sie sich dies als Eselsbrücke!

Nach dem Tod unbedingt die Leiche beseitigen! Aber wie? In Salzsäure auflösen? Dem Hund geben? Oder als Sonntagsbraten? Nein, nichts von alledem. Denn beachten Sie weiterhin, daß Ihre Familie nichts - aber auch gar nichts - davon mitbekommen darf. Wie wollten Sie denn erklären, wenn Sie große Mengen Salzsäure kaufen? Oder woher Sie den Braten haben? Lassen Sie dergleichen!

Also - wie beseitige ich die Leiche? Wenn Sie sich mit Ihrem Opfer - Sie erinnern sich - in einer einsamen Gegend zurückgezogen haben, dann lassen Sie die Leiche an Ort und Stelle. Achten Sie darauf, daß Sie keinen Schuhabdruck am Tatort zurücklassen (etwa im Blut des Opfers). Ein Fehler, für den sich die Polizei bedanken würde!

Wenn Ihr Tatort ein Motel- oder ein Hotelzimmer war, dann muß die Leiche verschwinden. Entweder Sie zerkleinern den Körper in der Badewanne (von deren Existenz in gerade diesem Zimmer Sie sich vorher schon überzeugt haben sollten). Wenn Sie überhaupt schon im Hotelzimmer töten müssen, weil es Sie überkommen hat (was zuweilen passieren kann). Aber beachten Sie: Taten aus dem Affekt sind wenig von Erfolg gekrönt: Sie müssen überlegt handeln, wenn es nicht Ihr erster und letzter Mord gewesen sein soll. Das zerstückelte Opfer nun läßt sich leicht transportieren. Wenn Sie gemeinsam mit ihm ein solches Zimmer betreten haben, dann müssen aber auch zwei Personen später wieder herauskommen, ohne daß eine dritte hineinging! Ich will sagen: Es gibt Zeugen, die Sie sehen! Was ist, wenn Sie in der Aufregung an der Rezeption Ihren richtigenNamen und Ihre richtige Adresse aufgeschrieben haben oder aber einen falschen Namen, eine falsche Anschrift angegeben, wohl aber mit Ihrem richtigen Namen unterschrieben? Das alles kann passieren, ich sprach es schon an: Der Streß!

Und wenn Sie das Opfer in Ihrer Wohnung umgebracht haben: Sie müssen wieder aus dem Haus heraus! Bedenken Sie, auch Kinder können Zeugen sein. Auch auf der Straße vor dem Haus kann man Sie sehen, wenn Sie es verlassen. Ihr Auto ist eine wirklich unbefriedigende Lösung. Auch wenn Sie einen Lieferwagen haben - Sie können sich nicht frei bewegen. Geparkte Autos fallen irgendeinem Passanten über kurz oder lang auf, wo sie nicht hingehören. Es ist schwierig. Ich gebe es zu. Deshalb kann ich nur raten: Bringen Sie Ihr Opfer in einer verlassenen Fabrik zum Beispiel um, in einer einsamen Gegend. Achtung. Selbst hier geht von Obdachlosen eine Gefahr aus, die die Szenerie beobachten könnten und somit der Polizei hilfreich beim Erlegen Ihrer Person zu Diensten sind....Am besten, Sie suchen sich die Gegend genau aus. Letzten Endes ist es Ihr Mord, den Sie begehen wollen. Ich kann Ihnen keine Vorschriften machen, ich kann Ihnen nur raten und aufzeigen, was Sie zu beachten haben. Und achten Sie genau darauf, was ich vergessen haben kann in der Eile!

Sehen Sie, ich habe es Ihnen doch schon anfangs gesagt....wir haben keine Zeit mehr. Ich habe Papier und einen Kohlestift bekommen. Das war mein letzter Wunsch gewesen. - Sie nähern sich meiner Zelle. Ich hoffe, daß ich noch vollenden kann, was ich angefangen habe, bevor....ja, bevor sie mich auf den elektrischen Stuhl setzen. Ich muß es Ihnen nicht sagen, daß ich Angst habe, zu sterben. Niemals habe ich gedacht, daß ich so enden würde. Vielleicht hätte ich dieses nicht alles schreiben sollen; ich kann Ihnen nur sagen - da, sie stehen an der Gittertür zu meiner Zelle. Ich muß gehen. Nur noch zehn Minuten bis zu meiner Hinrichtung. Ich bin schuldig des siebenfachen Mordes. Dabei bin ich es nicht gewesen. "Ja, ich komme! Lassen Sie mich doch nur noch dieses hier schreiben, bitte!" Ich war es nicht. Ich bin unschuldig: Ein Spinner, ein Phantast. Nie könnte ich einem Menschen Leid zufügen. Mein Vater schon sagte immer, daß es einmal mein Tod sein würde, daß ich immer lügen, etwas erfinden muß. Aber - egal - das Schicksal will es, daß ich als Mörder sterbe.
Ich habe bis jetzt geschrieben. Inzwischen bin ich nicht mehr in der Zelle auf meiner Pritsche. Ich muß - man wartet auf mich. Und vergessen Sie nicht: Ich weiß nicht, wie man einen Menschen umbringt. Ich bin ein Irrer. Ich habe mir das alles nur vorgestellt, wollte ich doch nur angeben mit meinem "Wissen". Ich muß jetzt wirklich. Wünschen Sie mir alles Gute!

Die schwere Eisentür öffnet sich. Er setzt sich auf den Stuhl in der Mitte des Raumes, immer wieder murmelnd, daß er unschuldig sei. Man setzt ihm die Augenbinde auf. Und wartet, bis der Zeiger der Uhr auf die volle Stunde gerückt ist.

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