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Die phantastischen Abenteuer des
William Sanfold
3. Der Kaimanat
Auf meiner Reise in den Rolomn-Nebel, in dessen Nähe sich
ein Schwarzes Loch befand, an dem ich Messung für ein wissenschaftliches
Experiment vornehmen wollte, entdeckte ich unterwegs einen Frachter, dieser
war anscheinend verlassen, aber noch intakt.
Die Lebenserhaltung funktionierte noch gut, so daß ich mich gleich nach
drüben teleportierte, um diesen alten Frachter zu untersuchen. Dieser
Frachter wäre eine interessante Ware gewesen, die ich hätte gut
verkaufen können. Doch als ich drüben angelangt war, entdeckte ich,
daß dort noch jemand lebte. In der Tat, nach einigem Suchen und neugierigem
Umschauen entdeckte ich einen alten, grauen Mann, der eine gewisse Ähnlichkeit
mit Einstein hatte. Ich fragte ihn also, wer er sei und was er hier mache
in diesem abgelegen Winkel des Universums.
Er erschrak, drehte sich blitzartig um und sprach: "Weiche von mir Jüngling,
du bist es nicht wert, daß ich wegen dir mein Experiment verschiebe
oder gar ganz abbreche. Verschwinde!" Irgendwie war der Kerl ja kauzig, sowohl
in seiner Ausdrucksweise als auch in seinem Ton, wie er mit mir sprach. "Was
für ein Experiment?" Welch dümmliche Frage, aber mir fiel gerade
nichts besseres ein. Entgegen meinen Erwartungen reagierte er nicht, sondern
zupfte sich nur seinen weißen aus Leinen bestehenden Kittel zurecht.
Ich beobachtete ihn weiter. Er stand hektisch an einer der Konsolen und gab
dem Computer eifrig Befehle. Da beschloß ich, näher zu treten,
um zu sehen, was er dort machte.
"Noch einen Schritt weiter und die Welt wird ohne Sie auskommen müssen!"
Er hatte sich blitzschnell umgedreht, um mich mit einer eigenartigen Waffe
zum Stehen zu bringen. Instinktiv hob ich die Hände und blieb stehen.
Trotzdem fragte ich ihn nochmals, was dies hier alles zu bedeuten habe und
wer er sei. Er stöhnte abweisend konnte sich dann jedoch überwinden:
"Mein Name ist Kaiman, Professor Olev L. Kaiman, ich bin Astrophysiker, beziehungsweise
war es. Und was ich hier mache, geht Sie überhaupt nichts an. Wer sind
Sie überhaupt?"
"Mein Name ist William Sanfold und mich kann man als eine Art Reisenden bezeichnen!"
Sein Gesicht veränderte sich, er nahm die Waffe herrunter und begann
nachzudenken. "Sanfold... Sanfold...aaaah, Sanfold, natürlich. Sind sie
nicht dieser reisende Wissenschaftler? Sie haben doch den Intellen Omator
und die Timulönen Schläue entdeckt, nicht wahr?"
"Und den Reihenden Agierer", fügte ich hinzu.
Er lächelte. „Ich muß sagen, daß mir die Entdeckung der Timullönen
Schläue nicht sehr bewunderungswürdig war, aber Ihre Arbeit über
den Intellen Omator hat mir sehr gefallen." Er stockte kurz. "Der Reihende
Agierer ist wirklich von Ihnen?"
Ich nickte. "Ja, ich erfand ihn vor drei Jahren auf dem Planeten Agier, daher
auch der Name." Er wandte sich von mir ab und betrachtete seine Konsolen.
"Na ja, bei Ihnen Mr. Sanfold will ich einmal eine Ausnahme machen und ich
denke, Sie verstehen mein Vorhaben, vielleicht sind Sie sogar der Einzige,
der es versteht."
Er wurde wütend: "Meine Wissenschaftlerkollegen haben es zumindest nicht
verstanden, diese Idioten, die haben ja keine Ahnung, was sie hier verpassen."
Er grinste, was sich zu einem hämischen gemeinen Lachen ausweitete. Irgendwie
wurde mir ein wenig mulmig. Ich hoffte, ich würde es nicht bereuen, daß
ich mich auf dieses Schiff begeben hatte.
"Ihnen will ich mich nun doch anvertrauen, denn ich bin sicher, sie verstehen
es." Mit einer Handbewegung signalisierte er mir, daß ich ihm folgen
solle.
Wir verließen die Brücke, marschierten durch einen
Gang in einen anderen sehr großen Raum. Was ich dort erblickte, wage
ich kaum zu beschreiben: Eine mächtige Maschine stellte sich mir entgegen.
Eine Maschine, die jeder Beschreibung trotzte. Sie durfte wohl etwa zehn Meter
hoch an die Decke reichen. Nur ein kleiner Freiraum lag zwischen Maschine
und Außenhülle. Der oberste Teil der Maschine war eine Kuppel,
die sich auf einer drei Meter hohen Säule befand, diese wiederum stand
auf einer Art Quader, in dem sich ein Eingang befand.
Ich bekam meinen Mund kaum zu, da erhob der Professor seine Stimme: "Das ist
meine Erfindung, meine größte Erfindung. Der ‘Kaimanat’ oder, wie
ich ihn auch gerne nenne, der ‘Timer’. Sie können es aus diesem Wort
vielleicht schon heraushören, es ist..." Mir schwante fürchterliches.
Kaiman begann es langsam aus sich herauszuschreien: „...eine Zeitmaschine!"
Es war für mich ein fürchterlicher Schock. Ich, der zuvor oft erklärt
hatte, daß man nicht in der Zeit reisen könnte. Ich hatte dazu
Unmengen von Theorien und Rechnungen aufgestellt und sogar ein Buch darüber
verfaßt. Nein, das konnte nicht wahr sein. Sollten alle meine Prinzipien,
die ich auf diese Theorien und Rechnungen aufgebaut hatte, zunichte gemacht
worden sein, von diesem verrückten Wissenschaftler? "Ich glaube Ihnen
kein Wort!" Blitzschnell schossen diese Worte aus mir hervor. "So etwas kann
es nicht geben!"
Kaiman gab sich ruhig und begann zu erzählen: "Mr. Sanfold, ich weiß
natürlich, daß Sie in diesem Fach recht bewandert sind, doch könnte
nicht doch auch nur eine kleine Möglichkeit bestehen, daß so etwas
möglich sein könnte? Ich werde es Ihnen zur rechten Zeit beweisen,
doch lassen Sie mich Ihnen es erst erklären." Er ging zu einer nahegelegenen
Konsole, gab etwas ein und es erschien ein Bild des Nebels und des in der
Nähe liegenden Schwarzen Loches. "Vor neun Jahren entdeckte ich auf der
Forschungsstation Nelly im Orbit des Planeten Iltus, daß das Schwarze
Loch in der Nähe des Iltus-Systems eine ungewöhnliche Strahlung
von sich gab. Ich machte mich auf, dies zu untersuchen und entdeckte, daß
diese Strahlung eine ungewöhnliche Veränderung im Raum-Zeit-Gefüge
zu Folge hatte, was mich auf die Theorie brachte, daß ein Schwarzes
Loch nichts anderes als ein Portal zu Zeit ist. Ich forschte weiter und entdeckte,
daß ich durch das Schwarze Loch in alle Zeiten gelangen könnte.
Die Frage war nun, ob man es überleben würde, wenn man versuchte
durchzufliegen, also forschte ich ununterbrochen weiter. Schließlich
entließ man mich aus meinem Dienst als Wissenschaftler, weil man mich
für verrückt hielt.
Fortan forschte ich auf eigene Faust. Von meinem Privatvermögen kaufte
ich mir diesen Frachter und baute ihn zu einem wissenschaftlichem Schiff um.
Ich kehrte zu dem Schwarzen Loch in der Nähe des Iltis-Systems zurück,
um meine Forschungen fortzusetzen, doch mußte ich feststellen, daß
das Schwarze Loch schwächer wurde und zu implodieren drohte.
Lange Zeit reiste ich von Schwarzem Loch zu Schwarzem Loch, bis ich eines
gefunden hatte, daß den Anforderungen des Schwarzen Loches von Iltis
entsprach. Dies fand ich im Rolomn-System in der Nähe des berühmten
Nebels. Nun war ich hier und forschte weiter. Ich entdeckte, daß man
nicht unbedingt durch das Schwarze Loch durchfliegen müsse, um durch
die Zeit zu reisen, sondern man könnte diese Strahlung, sofern sie stark
genug war, schon dazu benutzen, durch eine entsprechende Apparatur, einen
Zeitwirbel erzeugen zu können. Die günstigen Gegebenheiten in diesem
Sektor, ich spreche von dem gewaltigen Nebel, verstärken die Strahlung
zusätzlich um ein vielfaches, so daß ich mich schon bald daran
machte, den Rolomn-Nebel zu untersuchen, um noch mehr Informationen zu bekommen,
die es mir vielleicht bald ermöglichten, eine Zeitmaschine zu bauen,
wie Sie diese hier vor Ihnen sehen."
Er deutete mit dem Zeigefinger auf diese monströse Maschine. "Es dauerte
noch zwei Jahre, bis ich den entscheidenden Durchbruch erreichte. Ich verschanzte
mich mit einem Shuttle am nahegelegensten Punkt zum Schwarzen Loch hinter
einem Asteroiden. Es war meines Erachtens eine sichere Position, doch ich
irrte. Der Asteroid bewegte sich eines schönen Tages auf das Schwarze
Loch zu, dessen Anziehungskraft sich vom einen auf den anderen Augenblick
verzehnfacht hatte. Ich konnte das Shuttle nicht mehr halten und so stürzte
ich ohne Hoffnung auf Rettung in Richtung des Schwarzen Loches. Doch kurz
bevor ich dies erreicht hatte, wurde um mich alles hell und ich befand mich
am Anfang meiner Odyssee durch den Rolomn-Nebel. Dies war genau zwei Jahre
zuvor gewesen. Zu erst war ich verwirrt, doch bald begriff ich. Mir war genau
das widerfahren, was ich zuvor in der Theorie vorausgesagt hatte. Es war bemerkenswert,
höchst bemerkenswert."
Ich wollte eine Frage stellen, doch noch bevor ich ansetzen konnte, führte
er seine Ausführung fort.
"Stellen Sie Ihre Frage doch später, ehrenwerter Kollege. Ich will Ihnen
nur schnell die Geschichte zu Ende erzählen." Er fuhr fort: "Mir reichten
diese Erkenntnisse, um zu realisieren, daß ich entdeckte hatte, wie
man durch die Zeit reisen könnte. Für mich war klar, daß ich
verdammtes Glück hatte, wieder an meiner ursprünglichen Position
aufgetaucht zu sein, denn eigentlich macht so ein Schwarzes Loch, was es will,
das heißt, es hätte mich in irgendeine Zeit schicken können.
Und dies war leider auch das Risiko an der ganzen Angelegenheit, denn ein
Zeitreisender möchte ja in eine Zeit, die er sich selbst aussuchen kann.
Also mußte ich eine Möglichkeit finden, dies zu kontrollieren.
Glücklicherweise hatte der Computer bei meiner ersten Zeitreise Unmengen
von Daten aufgezeichnet, die mich schnell auf eine Idee brachten, daher kehrte
ich für eine Weile auf die Erde zurück, um die Materialien aufzutreiben,
die ich für die Realisierung meiner Idee benötigte. Ein weiteres
Problem ergab sich aus der Tatsache, daß mir eine Zeitreise nur dann
gelingen würde, wenn sich die Anziehungskraft des Schwarzen Loches wieder
verzehnfachen würde. Auf diesen Moment mußte ich zwei Jahre warten,
doch jetzt ist es bald soweit. Ich hatte nun fast zwei Jahre Zeit etwas zu
entwerfen, mit dem ich die Zeit kontrollieren konnte. Dies tat ich und was
dabei herauskam steht dort, Mr. Sanfold." Er machte wieder eine Handbewegung
in Richtung der Maschine und starrte mich dabei an. "Ist denn der Sog des
Schwarzen Loches immer nur in bestimmten Augenblicken so stark oder warum
müssen Sie auf einen bestimmten Zeitpunkt warten?",fragte ich.
"Man kann den Sog auch künstlich erzeugen, aber man bräuchte dazu
immense Energievorkommen für den Antrieb, und die habe ich nicht zur
Verfügung, so daß ich auf eine natürliche Erscheinung warten
muß!" Was ich hier gehört hatte, war ungeheuerlich und ich weigerte
mich, es zu glauben, zumindest nicht, bevor ich einen Beweis zu sehen bekam.
"Nun, Mr. Sanfold, was sagen Sie dazu?"
Ich war geschockt. "Das, was Sie mir gerade erzählt haben ist ungeheuerlich,
Mr. Kaiman, und ich weigere mich, es zu glauben." Anstatt ihn damit zu verletzen,
lachte er nur und sagte: "Wenn Sie noch ein paar Tage bleiben wollen, werde
ich Ihnen beweisen können, daß ich recht habe, denn dann ist es
soweit, dann verzehnfacht sich der Sog wieder und dann werde ich bereit sein.
Sie sind zur rechten Zeit gekommen, und ich biete Ihnen an, mit mir zu fliegen.
Es ist Ihre Entscheidung, Sie können es auch von Ihrem Shuttle aus beobachten."
Er blickte in Richtung seiner Maschine. "Aber bedenken Sie, das was Sie hier
sehen, ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, doch ein großer
für die Menschheit. Für den Fall, daß ich es nicht überlebe,
habe ich alle meine gesammelten Daten zu bedeutenden wissenschaftlichen Einrichtungen
im ganzen Kosmos geschickt."
Er sah mich wieder an: "Wollen Sie nun mit? Entscheiden Sie sich!"
Ich willigte ein, denn ich sah mich in meiner Ehre angegriffen und wollte,
selbst wenn ich sterben sollte, wenigstens mit der Gewißheit sterben,
daß Professor Kaiman unrecht hatte.
Tage später war es dann soweit. Wir brachen auf. Kaiman
wollte zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein, und der richtige Ort
war dieser Asteroid von damals. In den letzten Tagen hatten Kaiman und ich
die Abkopplung des hinteren Teiles des Transporters vorbereitet. Der hintere
Teil waren die Frachträume, die dreiviertel des gesamten Schiffes einnahmen
und die man abkoppeln konnte, wie bei jedem anständigen Frachter. Im
vorderen Teil befanden sich lediglich Brücke, Mannschaftsquartiere, ein
Gemeinschaftsraum und ein wissenschaftliches Labor, in dem aufgrund seiner
Größe, sich die Zeitmaschine, oder der ‘Kaimanat’, wie der Professor
seine Erfindung stolz getauft hatte, befand. Als besonderen Luxus möchte
ich noch die exzellente Tarnvorrichtung erwähnen, mit der wir das Schiff
während unseren Aufenthalten in fremden Zeiten verstecken konnten.
So erreichten wir unser Ziel und da wir noch ein paar Stunden
Zeit hatten, machten wir uns darüber Gedanken, in welche Zeit wir reisen
wollten. Ich vertrat energischst die Meinung, man könne doch in das alte
Ägypten reisen und den Bau der Pyramiden beobachten, aber der Professor
war dagegen und wollte lieber die Mayas besuchen. Und so einigten wir uns
auf den ersten Weltkrieg.
Da der erste Weltkrieg die Jahre 1914 – 1918 ausfüllte, einigten wir
uns auf den 9. November 1918. Zeit: 13.00 Uhr; Ort: Außerhalb von Berlin/Deutschland.
Wir würden in die Wirren der deutschen Revolution geraten und miterleben,
wie Sozialdemokrat Philip Scheidemann die Republik ausrufen würde.
Dann war es endlich soweit, der Sog wurde stärker, wir koppelten den
hinteren Bereich des Frachters ab und wurden hineingezogen. Dann wurden wir
ohnmächtig und als wir wieder zu uns kamen, waren wir sicher und, dank
einer Tarnvorrichtung, unbemerkt auf einem Maisfeld in der Nähe Berlins
gelandet.
Wir verließen unser Gefährt, um uns zum Reichstagsgebäude
zu begeben. Die Straßen waren schwarz vor Menschen und nur mit Mühe
konnten wir uns bis zum Reichstagsgebäude vorkämpfen, wobei wir,
was wir nicht bedacht hatten, wegen unserer Kleidung abwertende Blicke ernteten
und von einigen Menschen sogar als Kommunisten beschimpft wurden, die sich
übrigens unter der Führung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg
im kaiserlichen Schloß verschanzt hatten. Dort wollten wir auch noch
hin, um uns die Proklamation der ‘Sozialistischen Republik Deutschland’ anzuhören.
Aber jetzt warteten wir gespannt auf Philip Scheidemann. Wenig später
tauchte dieser auf dem Balkon auf und verkündete mit folgenden Worten
die ‘Deutsche Republik’:"Arbeiter und Soldaten! Der Kaiser hat abgedankt.
Er und seine Freunde sind verschwunden. Über sie alle hat das Volk ganzen
Linie gesiegt! Große Arbeit steht uns bevor. Seid einig, treu und pflichtbewußt.
Das Alte und Morsche, die Monarchie, ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue!
Es lebe die ‘Deutsche Republik’!"
Das war gegen 14 Uhr, jetzt mußten wir uns beeilen, um die Rede von
Karl Liebknecht gegen 16 Uhr am kaiserlichen Schloß nicht zu verpassen.
Wir gelangten rechtzeitig dorthin und vernahmen die Worte Liebknechts: "Die
Stunde der Weltrevolution ist gekommen! Vernichtet die Klasse der Junker und
Kapitalisten! Es lebe die ‘Deutsche Sowjet-Republik’!"
Doch der Widerhall in der Bevölkerung war wesentlich geringer, als noch
zwei Stunden zuvor bei Scheidemann, was bedeutete, daß der Kommunismus
in Deutschland vorläufig geschlagen war. Nun hatten wir gesehen, was
wir sehen wollten und machten uns wieder auf den Weg zur Zeitmaschine.
"War das nicht imposant, Mr. Sanfold?" Ich wußte nicht, wie ich meine
Begeisterung in Worte fassen sollte und so blieb ich lieber sprachlos. Wir
erreichten die Zeitmaschine kurze Zeit später, und wir waren uns schnell
einig, daß unser zweites Ziel der zweite Weltkrieg sein sollte.
Doch alle Daten, die wir durchgingen, verwarfen wir schnell wieder, denn sie
erschienen uns als zu gefährlich. Schon bald wurde uns auch klar, daß
wir im Nazi-Deutschland, dank unserer Kleidung, genauso unbeachtet bleiben
würden, wie zwei bunte Hunde. Also suchten wir nach einem neuen passenderem
Datum, das unser nächstes Reiseziel werden sollte.
"Wie wäre es mit dem Kennedy-Attentat? Das ist doch bestimmt interessant!"
Auf meine, wie ich fand, brilliante Idee wußte der Professor nur ein
abwertendes "tss, tss", also schlug ich nacheinander vor, wir könnten
doch Woodstock besuchen oder das Challenger-Unglück miterleben oder den
Fall der Berliner Mauer.
Alle meine Ideen schlug der Professor aus, seine Favoriten waren der amerikanische
Bürgerkrieg und Nostradamus. Doch dies waren für mich absurde Ziele
und so einigten wir uns nach einer heftigen Diskussion auf die Mondlandung,
was wir nach reiflicher Überlegung auch wieder fallen lassen mußten,
denn es war einfach zu gefährlich, mitten in die Mondlandung reinzuplatzen.
Wir diskutierten weiter und weiter. Dann kam es zwischen uns zu einer kleinen
Rangelei und Kaiman fiel bei einem gezielten rechten Haken von mir auf die
Armaturen. Dieser kleine Zwischenfall beendete unsere Diskussion und katapultierte
uns ins Jahr 333229, also in eine ferne, sehr ferne Zukunft.
Kaiman öffnete die Luke und ging voran. "Sanfold! Schauen
Sie sich das an!" Ein atemberaubendes Schauspiel bot sich uns. Die Erdoberfläche
war eine Wüste, aber in der Luft schwebten mächtige Blasen, die
in Millionen von Farben erstrahlten. Die Sonne und der blaue Himmel verstärkten
den Eindruck und hauchten, so empfand ich es, den Kugeln Leben ein. Es mußten
tausende, ja vielleicht sogar Millionen von Blasen gewesen sein, die dort
schwebten. Es war einfach unbeschreiblich schön. Als ich mich Kaiman
zudrehen wollte, lösten sich einige Kugeln vom Himmelbett und bewegten
sich auf uns zu. Eine Kugel erfaßte den schreienden Kaiman, saugte ihn
sich auf und verschwand im Himmelbett der Kugeln. Eine andere Blase näherte
sich mir und ehe ich mich versah, wurde ich ebenfalls in sie hineingesaugt.
Ich schwebte. Alles um mich herum war schwarz. Dann plötzlich erschien
ein Licht in der Ferne der Dunkelheit und kam näher. Es war ein Stuhl.
Ein einfacher Holzstuhl mit einem Auge in der Rückenlehne und einem Mund
zwischen den zwei vorderen Stuhlbeinen.
"Ich bin Aleho 3 M von D, ein Fremdenführer für Zeitreischende und
oberschter Örie der Menschen," setzte er an: "Und wer bischt du?" Er
hatte eine interessante Ausdrucksweise, wie ich fand. Nicht nur, daß
er dem ‘s’ immer ein ‘ch’ folgen ließ, nein, und das paßte mir
weniger, er dutzte mich auch noch, was nur sehr wenigen beschieden war. Ich
erschrak, als ich etwas genauer über seine Aussage nachdachte. Hatte
er ‘Menschen’ gesagt? Wir mußten aber tief gesunken sein, um, mutiert
zu billigen Holzstühlen, in irgendeiner Seifenblase zu enden. War das
unsere Zukunft? Unser Schicksal? Unsere Bestimmung?
"Was soll das? Wo bin ich hier? Was ist mit unserer guten alten Mutter Erde
passiert und du... du bist kein Mensch!" Ich nahm mir die Freiheit, ihn auch
zu duzen, was ihm aber scheinbar nichts ausmachte. Im Gegenteil, ihm schien
das völlig egal zu sein und er machte sich daran, meine Fragen zu beantworten:
"Doch, du bischt auf der Erde. Allerdingsch haben wir Menschen unsch verändert,
wir haben vor einiger Zeit eine neue Bewußchtscheinschebene erreicht,
in der schich jeder von unsch auschleben kann wie er will, dasch heißcht
jeder kann allesch schein. Ich habe beischpielschweische die Form einesch
einfachen Holzschtuhlesch gewählt. Du wirscht esch vielleicht nicht glauben,
aber mein Vater war eine Schornschteinfeger und meine Mutter war ein... Schornschteinfeger.
O.K., gut war vielleicht ein schlechtesch Beischpiel, aber wir Menschen haben
gelernt, unsch von der Erdoberfläche zu löschen und unsch weschentlich
vorteilhafter in dieschen ‘Kugeln desch höheren Bewußchtscheinsch’
einzurichten. Er hielt kurz inne, fuhr dann aber wieder unbeschwerlich fort:
"Und dasch kam scho: Vor vielen, vielen Jahrtauschenden wurde die Erde in
einem gewaltigen Krieg mit dem ‘Plankton’, einer mächtigen Raschsche
von Aliensch, die esch nicht ertragen konnten, wasch wir mit all denen im
Waschscher befindlichen Lebeweschen machten. Schie beschiegten unsch und machten
mit unsch genau daschschelbe, wasch wir mit ihren Artgenoschschen auf der
Erde taten: Schie aßschen unsch auf!" Man merkte dem Stuhl seine Betroffenheit
darüber an.
"Die Überlebenden diescher schrecklichen Tragödie mußschten
einen Weg finden, um zu überleben. Vor allem deschalb, weil die ‘Plankton’
die geschamte Erdoberfläche in eine einzige Wüschte verwandelten.
Unschere Vorfahren schufen diesche Blaschen und ließschen ihre Scheelen
dorthinein transchplantieren. Mit den Blaschen war esch den Scheelen schogar
möglich, schich fortzupflanzen. Und nun, du haßcht esch ja geschehen."
Er senkte seine Stimme, hob sein linkes, vorderes Stuhlbein und sagte daraufhin
zu mir: "So, dasch mußch für dich genügen, denn ich habe jetzt
noch eine Verabredung mit Teppichbürschte, und die isch ja scho schüüüüßch,
wenn schie verschtehen, wasch ich meine?" Er zwinkerte mir noch zu, bevor
er wieder in der Dunkelheit des schwarzen Raumes verschwand und mit einem
Mal befand ich mich wieder neben Professor Kaiman in der Zeitmaschine. Ich
war verwirrt. Kaiman hatte die selbe Geschichte von einem Stück Seife
erzählt bekommen und war ebenfalls verwirrt. Wir entschieden, diesen
Vorfall zu vergessen. Vielleicht war es besser so. Wir beschlossen in unsere
eigene Zeitperiode zurückzukehren. Wir verließen das Schwarze Loch
und befanden uns inmitten des Rolomn-Nebels. Der Professor vereinigte sein
Schiff wieder zu voller Größe, bevor wir uns von einander verabschiedeten.
Ich bestieg mein kleines Schiffchen und verließ den Sektor in Richtung
Erde. Kaiman bekräftigte noch vor meinem Abflug, er werde mit seinen
Forschungen weitermachen, bis es ‘Kaimanate’ für alle gäbe, die
auch ohne ein Schwarzes Loch funktionieren könnten.
Wer hätte das gedacht? Denn während ich diese Zeilen schreibe, wird
der ‘Kaimanat’ auf den Markt gebracht und gleich werde ich einer Einladung
des Professors folgen und ihn mal wieder besuchen.
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