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Die phantastischen Abenteuer des
William Sanfold

3. Der Kaimanat

Auf meiner Reise in den Rolomn-Nebel, in dessen Nähe sich ein Schwarzes Loch befand, an dem ich Messung für ein wissenschaftliches Experiment vornehmen wollte, entdeckte ich unterwegs einen Frachter, dieser war anscheinend verlassen, aber noch intakt.
Die Lebenserhaltung funktionierte noch gut, so daß ich mich gleich nach drüben teleportierte, um diesen alten Frachter zu untersuchen. Dieser Frachter wäre eine interessante Ware gewesen, die ich hätte gut verkaufen können. Doch als ich drüben angelangt war, entdeckte ich, daß dort noch jemand lebte. In der Tat, nach einigem Suchen und neugierigem Umschauen entdeckte ich einen alten, grauen Mann, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Einstein hatte. Ich fragte ihn also, wer er sei und was er hier mache in diesem abgelegen Winkel des Universums.
Er erschrak, drehte sich blitzartig um und sprach: "Weiche von mir Jüngling, du bist es nicht wert, daß ich wegen dir mein Experiment verschiebe oder gar ganz abbreche. Verschwinde!" Irgendwie war der Kerl ja kauzig, sowohl in seiner Ausdrucksweise als auch in seinem Ton, wie er mit mir sprach. "Was für ein Experiment?" Welch dümmliche Frage, aber mir fiel gerade nichts besseres ein. Entgegen meinen Erwartungen reagierte er nicht, sondern zupfte sich nur seinen weißen aus Leinen bestehenden Kittel zurecht.
Ich beobachtete ihn weiter. Er stand hektisch an einer der Konsolen und gab dem Computer eifrig Befehle. Da beschloß ich, näher zu treten, um zu sehen, was er dort machte.
"Noch einen Schritt weiter und die Welt wird ohne Sie auskommen müssen!" Er hatte sich blitzschnell umgedreht, um mich mit einer eigenartigen Waffe zum Stehen zu bringen. Instinktiv hob ich die Hände und blieb stehen. Trotzdem fragte ich ihn nochmals, was dies hier alles zu bedeuten habe und wer er sei. Er stöhnte abweisend konnte sich dann jedoch überwinden: "Mein Name ist Kaiman, Professor Olev L. Kaiman, ich bin Astrophysiker, beziehungsweise war es. Und was ich hier mache, geht Sie überhaupt nichts an. Wer sind Sie überhaupt?"
"Mein Name ist William Sanfold und mich kann man als eine Art Reisenden bezeichnen!"
Sein Gesicht veränderte sich, er nahm die Waffe herrunter und begann nachzudenken. "Sanfold... Sanfold...aaaah, Sanfold, natürlich. Sind sie nicht dieser reisende Wissenschaftler? Sie haben doch den Intellen Omator und die Timulönen Schläue entdeckt, nicht wahr?"
"Und den Reihenden Agierer", fügte ich hinzu.
Er lächelte. „Ich muß sagen, daß mir die Entdeckung der Timullönen Schläue nicht sehr bewunderungswürdig war, aber Ihre Arbeit über den Intellen Omator hat mir sehr gefallen." Er stockte kurz. "Der Reihende Agierer ist wirklich von Ihnen?"
Ich nickte. "Ja, ich erfand ihn vor drei Jahren auf dem Planeten Agier, daher auch der Name." Er wandte sich von mir ab und betrachtete seine Konsolen. "Na ja, bei Ihnen Mr. Sanfold will ich einmal eine Ausnahme machen und ich denke, Sie verstehen mein Vorhaben, vielleicht sind Sie sogar der Einzige, der es versteht."
Er wurde wütend: "Meine Wissenschaftlerkollegen haben es zumindest nicht verstanden, diese Idioten, die haben ja keine Ahnung, was sie hier verpassen." Er grinste, was sich zu einem hämischen gemeinen Lachen ausweitete. Irgendwie wurde mir ein wenig mulmig. Ich hoffte, ich würde es nicht bereuen, daß ich mich auf dieses Schiff begeben hatte.
"Ihnen will ich mich nun doch anvertrauen, denn ich bin sicher, sie verstehen es." Mit einer Handbewegung signalisierte er mir, daß ich ihm folgen solle.

Wir verließen die Brücke, marschierten durch einen Gang in einen anderen sehr großen Raum. Was ich dort erblickte, wage ich kaum zu beschreiben: Eine mächtige Maschine stellte sich mir entgegen. Eine Maschine, die jeder Beschreibung trotzte. Sie durfte wohl etwa zehn Meter hoch an die Decke reichen. Nur ein kleiner Freiraum lag zwischen Maschine und Außenhülle. Der oberste Teil der Maschine war eine Kuppel, die sich auf einer drei Meter hohen Säule befand, diese wiederum stand auf einer Art Quader, in dem sich ein Eingang befand.
Ich bekam meinen Mund kaum zu, da erhob der Professor seine Stimme: "Das ist meine Erfindung, meine größte Erfindung. Der ‘Kaimanat’ oder, wie ich ihn auch gerne nenne, der ‘Timer’. Sie können es aus diesem Wort vielleicht schon heraushören, es ist..." Mir schwante fürchterliches. Kaiman begann es langsam aus sich herauszuschreien: „...eine Zeitmaschine!"
Es war für mich ein fürchterlicher Schock. Ich, der zuvor oft erklärt hatte, daß man nicht in der Zeit reisen könnte. Ich hatte dazu Unmengen von Theorien und Rechnungen aufgestellt und sogar ein Buch darüber verfaßt. Nein, das konnte nicht wahr sein. Sollten alle meine Prinzipien, die ich auf diese Theorien und Rechnungen aufgebaut hatte, zunichte gemacht worden sein, von diesem verrückten Wissenschaftler? "Ich glaube Ihnen kein Wort!" Blitzschnell schossen diese Worte aus mir hervor. "So etwas kann es nicht geben!"
Kaiman gab sich ruhig und begann zu erzählen: "Mr. Sanfold, ich weiß natürlich, daß Sie in diesem Fach recht bewandert sind, doch könnte nicht doch auch nur eine kleine Möglichkeit bestehen, daß so etwas möglich sein könnte? Ich werde es Ihnen zur rechten Zeit beweisen, doch lassen Sie mich Ihnen es erst erklären." Er ging zu einer nahegelegenen Konsole, gab etwas ein und es erschien ein Bild des Nebels und des in der Nähe liegenden Schwarzen Loches. "Vor neun Jahren entdeckte ich auf der Forschungsstation Nelly im Orbit des Planeten Iltus, daß das Schwarze Loch in der Nähe des Iltus-Systems eine ungewöhnliche Strahlung von sich gab. Ich machte mich auf, dies zu untersuchen und entdeckte, daß diese Strahlung eine ungewöhnliche Veränderung im Raum-Zeit-Gefüge zu Folge hatte, was mich auf die Theorie brachte, daß ein Schwarzes Loch nichts anderes als ein Portal zu Zeit ist. Ich forschte weiter und entdeckte, daß ich durch das Schwarze Loch in alle Zeiten gelangen könnte.
Die Frage war nun, ob man es überleben würde, wenn man versuchte durchzufliegen, also forschte ich ununterbrochen weiter. Schließlich entließ man mich aus meinem Dienst als Wissenschaftler, weil man mich für verrückt hielt.
Fortan forschte ich auf eigene Faust. Von meinem Privatvermögen kaufte ich mir diesen Frachter und baute ihn zu einem wissenschaftlichem Schiff um. Ich kehrte zu dem Schwarzen Loch in der Nähe des Iltis-Systems zurück, um meine Forschungen fortzusetzen, doch mußte ich feststellen, daß das Schwarze Loch schwächer wurde und zu implodieren drohte.
Lange Zeit reiste ich von Schwarzem Loch zu Schwarzem Loch, bis ich eines gefunden hatte, daß den Anforderungen des Schwarzen Loches von Iltis entsprach. Dies fand ich im Rolomn-System in der Nähe des berühmten Nebels. Nun war ich hier und forschte weiter. Ich entdeckte, daß man nicht unbedingt durch das Schwarze Loch durchfliegen müsse, um durch die Zeit zu reisen, sondern man könnte diese Strahlung, sofern sie stark genug war, schon dazu benutzen, durch eine entsprechende Apparatur, einen Zeitwirbel erzeugen zu können. Die günstigen Gegebenheiten in diesem Sektor, ich spreche von dem gewaltigen Nebel, verstärken die Strahlung zusätzlich um ein vielfaches, so daß ich mich schon bald daran machte, den Rolomn-Nebel zu untersuchen, um noch mehr Informationen zu bekommen, die es mir vielleicht bald ermöglichten, eine Zeitmaschine zu bauen, wie Sie diese hier vor Ihnen sehen."
Er deutete mit dem Zeigefinger auf diese monströse Maschine. "Es dauerte noch zwei Jahre, bis ich den entscheidenden Durchbruch erreichte. Ich verschanzte mich mit einem Shuttle am nahegelegensten Punkt zum Schwarzen Loch hinter einem Asteroiden. Es war meines Erachtens eine sichere Position, doch ich irrte. Der Asteroid bewegte sich eines schönen Tages auf das Schwarze Loch zu, dessen Anziehungskraft sich vom einen auf den anderen Augenblick verzehnfacht hatte. Ich konnte das Shuttle nicht mehr halten und so stürzte ich ohne Hoffnung auf Rettung in Richtung des Schwarzen Loches. Doch kurz bevor ich dies erreicht hatte, wurde um mich alles hell und ich befand mich am Anfang meiner Odyssee durch den Rolomn-Nebel. Dies war genau zwei Jahre zuvor gewesen. Zu erst war ich verwirrt, doch bald begriff ich. Mir war genau das widerfahren, was ich zuvor in der Theorie vorausgesagt hatte. Es war bemerkenswert, höchst bemerkenswert."
Ich wollte eine Frage stellen, doch noch bevor ich ansetzen konnte, führte er seine Ausführung fort.
"Stellen Sie Ihre Frage doch später, ehrenwerter Kollege. Ich will Ihnen nur schnell die Geschichte zu Ende erzählen." Er fuhr fort: "Mir reichten diese Erkenntnisse, um zu realisieren, daß ich entdeckte hatte, wie man durch die Zeit reisen könnte. Für mich war klar, daß ich verdammtes Glück hatte, wieder an meiner ursprünglichen Position aufgetaucht zu sein, denn eigentlich macht so ein Schwarzes Loch, was es will, das heißt, es hätte mich in irgendeine Zeit schicken können. Und dies war leider auch das Risiko an der ganzen Angelegenheit, denn ein Zeitreisender möchte ja in eine Zeit, die er sich selbst aussuchen kann. Also mußte ich eine Möglichkeit finden, dies zu kontrollieren.
Glücklicherweise hatte der Computer bei meiner ersten Zeitreise Unmengen von Daten aufgezeichnet, die mich schnell auf eine Idee brachten, daher kehrte ich für eine Weile auf die Erde zurück, um die Materialien aufzutreiben, die ich für die Realisierung meiner Idee benötigte. Ein weiteres Problem ergab sich aus der Tatsache, daß mir eine Zeitreise nur dann gelingen würde, wenn sich die Anziehungskraft des Schwarzen Loches wieder verzehnfachen würde. Auf diesen Moment mußte ich zwei Jahre warten, doch jetzt ist es bald soweit. Ich hatte nun fast zwei Jahre Zeit etwas zu entwerfen, mit dem ich die Zeit kontrollieren konnte. Dies tat ich und was dabei herauskam steht dort, Mr. Sanfold." Er machte wieder eine Handbewegung in Richtung der Maschine und starrte mich dabei an. "Ist denn der Sog des Schwarzen Loches immer nur in bestimmten Augenblicken so stark oder warum müssen Sie auf einen bestimmten Zeitpunkt warten?",fragte ich.
"Man kann den Sog auch künstlich erzeugen, aber man bräuchte dazu immense Energievorkommen für den Antrieb, und die habe ich nicht zur Verfügung, so daß ich auf eine natürliche Erscheinung warten muß!" Was ich hier gehört hatte, war ungeheuerlich und ich weigerte mich, es zu glauben, zumindest nicht, bevor ich einen Beweis zu sehen bekam. "Nun, Mr. Sanfold, was sagen Sie dazu?"
Ich war geschockt. "Das, was Sie mir gerade erzählt haben ist ungeheuerlich, Mr. Kaiman, und ich weigere mich, es zu glauben." Anstatt ihn damit zu verletzen, lachte er nur und sagte: "Wenn Sie noch ein paar Tage bleiben wollen, werde ich Ihnen beweisen können, daß ich recht habe, denn dann ist es soweit, dann verzehnfacht sich der Sog wieder und dann werde ich bereit sein. Sie sind zur rechten Zeit gekommen, und ich biete Ihnen an, mit mir zu fliegen. Es ist Ihre Entscheidung, Sie können es auch von Ihrem Shuttle aus beobachten."
Er blickte in Richtung seiner Maschine. "Aber bedenken Sie, das was Sie hier sehen, ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, doch ein großer für die Menschheit. Für den Fall, daß ich es nicht überlebe, habe ich alle meine gesammelten Daten zu bedeutenden wissenschaftlichen Einrichtungen im ganzen Kosmos geschickt."
Er sah mich wieder an: "Wollen Sie nun mit? Entscheiden Sie sich!"
Ich willigte ein, denn ich sah mich in meiner Ehre angegriffen und wollte, selbst wenn ich sterben sollte, wenigstens mit der Gewißheit sterben, daß Professor Kaiman unrecht hatte.

Tage später war es dann soweit. Wir brachen auf. Kaiman wollte zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein, und der richtige Ort war dieser Asteroid von damals. In den letzten Tagen hatten Kaiman und ich die Abkopplung des hinteren Teiles des Transporters vorbereitet. Der hintere Teil waren die Frachträume, die dreiviertel des gesamten Schiffes einnahmen und die man abkoppeln konnte, wie bei jedem anständigen Frachter. Im vorderen Teil befanden sich lediglich Brücke, Mannschaftsquartiere, ein Gemeinschaftsraum und ein wissenschaftliches Labor, in dem aufgrund seiner Größe, sich die Zeitmaschine, oder der ‘Kaimanat’, wie der Professor seine Erfindung stolz getauft hatte, befand. Als besonderen Luxus möchte ich noch die exzellente Tarnvorrichtung erwähnen, mit der wir das Schiff während unseren Aufenthalten in fremden Zeiten verstecken konnten.

So erreichten wir unser Ziel und da wir noch ein paar Stunden Zeit hatten, machten wir uns darüber Gedanken, in welche Zeit wir reisen wollten. Ich vertrat energischst die Meinung, man könne doch in das alte Ägypten reisen und den Bau der Pyramiden beobachten, aber der Professor war dagegen und wollte lieber die Mayas besuchen. Und so einigten wir uns auf den ersten Weltkrieg.
Da der erste Weltkrieg die Jahre 1914 – 1918 ausfüllte, einigten wir uns auf den 9. November 1918. Zeit: 13.00 Uhr; Ort: Außerhalb von Berlin/Deutschland. Wir würden in die Wirren der deutschen Revolution geraten und miterleben, wie Sozialdemokrat Philip Scheidemann die Republik ausrufen würde.
Dann war es endlich soweit, der Sog wurde stärker, wir koppelten den hinteren Bereich des Frachters ab und wurden hineingezogen. Dann wurden wir ohnmächtig und als wir wieder zu uns kamen, waren wir sicher und, dank einer Tarnvorrichtung, unbemerkt auf einem Maisfeld in der Nähe Berlins gelandet.
Wir verließen unser Gefährt, um uns zum Reichstagsgebäude zu begeben. Die Straßen waren schwarz vor Menschen und nur mit Mühe konnten wir uns bis zum Reichstagsgebäude vorkämpfen, wobei wir, was wir nicht bedacht hatten, wegen unserer Kleidung abwertende Blicke ernteten und von einigen Menschen sogar als Kommunisten beschimpft wurden, die sich übrigens unter der Führung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg im kaiserlichen Schloß verschanzt hatten. Dort wollten wir auch noch hin, um uns die Proklamation der ‘Sozialistischen Republik Deutschland’ anzuhören. Aber jetzt warteten wir gespannt auf Philip Scheidemann. Wenig später tauchte dieser auf dem Balkon auf und verkündete mit folgenden Worten die ‘Deutsche Republik’:"Arbeiter und Soldaten! Der Kaiser hat abgedankt. Er und seine Freunde sind verschwunden. Über sie alle hat das Volk ganzen Linie gesiegt! Große Arbeit steht uns bevor. Seid einig, treu und pflichtbewußt. Das Alte und Morsche, die Monarchie, ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue! Es lebe die ‘Deutsche Republik’!"
Das war gegen 14 Uhr, jetzt mußten wir uns beeilen, um die Rede von Karl Liebknecht gegen 16 Uhr am kaiserlichen Schloß nicht zu verpassen. Wir gelangten rechtzeitig dorthin und vernahmen die Worte Liebknechts: "Die Stunde der Weltrevolution ist gekommen! Vernichtet die Klasse der Junker und Kapitalisten! Es lebe die ‘Deutsche Sowjet-Republik’!"
Doch der Widerhall in der Bevölkerung war wesentlich geringer, als noch zwei Stunden zuvor bei Scheidemann, was bedeutete, daß der Kommunismus in Deutschland vorläufig geschlagen war. Nun hatten wir gesehen, was wir sehen wollten und machten uns wieder auf den Weg zur Zeitmaschine.
"War das nicht imposant, Mr. Sanfold?" Ich wußte nicht, wie ich meine Begeisterung in Worte fassen sollte und so blieb ich lieber sprachlos. Wir erreichten die Zeitmaschine kurze Zeit später, und wir waren uns schnell einig, daß unser zweites Ziel der zweite Weltkrieg sein sollte.
Doch alle Daten, die wir durchgingen, verwarfen wir schnell wieder, denn sie erschienen uns als zu gefährlich. Schon bald wurde uns auch klar, daß wir im Nazi-Deutschland, dank unserer Kleidung, genauso unbeachtet bleiben würden, wie zwei bunte Hunde. Also suchten wir nach einem neuen passenderem Datum, das unser nächstes Reiseziel werden sollte.
"Wie wäre es mit dem Kennedy-Attentat? Das ist doch bestimmt interessant!" Auf meine, wie ich fand, brilliante Idee wußte der Professor nur ein abwertendes "tss, tss", also schlug ich nacheinander vor, wir könnten doch Woodstock besuchen oder das Challenger-Unglück miterleben oder den Fall der Berliner Mauer.
Alle meine Ideen schlug der Professor aus, seine Favoriten waren der amerikanische Bürgerkrieg und Nostradamus. Doch dies waren für mich absurde Ziele und so einigten wir uns nach einer heftigen Diskussion auf die Mondlandung, was wir nach reiflicher Überlegung auch wieder fallen lassen mußten, denn es war einfach zu gefährlich, mitten in die Mondlandung reinzuplatzen.
Wir diskutierten weiter und weiter. Dann kam es zwischen uns zu einer kleinen Rangelei und Kaiman fiel bei einem gezielten rechten Haken von mir auf die Armaturen. Dieser kleine Zwischenfall beendete unsere Diskussion und katapultierte uns ins Jahr 333229, also in eine ferne, sehr ferne Zukunft.

Kaiman öffnete die Luke und ging voran. "Sanfold! Schauen Sie sich das an!" Ein atemberaubendes Schauspiel bot sich uns. Die Erdoberfläche war eine Wüste, aber in der Luft schwebten mächtige Blasen, die in Millionen von Farben erstrahlten. Die Sonne und der blaue Himmel verstärkten den Eindruck und hauchten, so empfand ich es, den Kugeln Leben ein. Es mußten tausende, ja vielleicht sogar Millionen von Blasen gewesen sein, die dort schwebten. Es war einfach unbeschreiblich schön. Als ich mich Kaiman zudrehen wollte, lösten sich einige Kugeln vom Himmelbett und bewegten sich auf uns zu. Eine Kugel erfaßte den schreienden Kaiman, saugte ihn sich auf und verschwand im Himmelbett der Kugeln. Eine andere Blase näherte sich mir und ehe ich mich versah, wurde ich ebenfalls in sie hineingesaugt.
Ich schwebte. Alles um mich herum war schwarz. Dann plötzlich erschien ein Licht in der Ferne der Dunkelheit und kam näher. Es war ein Stuhl. Ein einfacher Holzstuhl mit einem Auge in der Rückenlehne und einem Mund zwischen den zwei vorderen Stuhlbeinen.
"Ich bin Aleho 3 M von D, ein Fremdenführer für Zeitreischende und oberschter Örie der Menschen," setzte er an: "Und wer bischt du?" Er hatte eine interessante Ausdrucksweise, wie ich fand. Nicht nur, daß er dem ‘s’ immer ein ‘ch’ folgen ließ, nein, und das paßte mir weniger, er dutzte mich auch noch, was nur sehr wenigen beschieden war. Ich erschrak, als ich etwas genauer über seine Aussage nachdachte. Hatte er ‘Menschen’ gesagt? Wir mußten aber tief gesunken sein, um, mutiert zu billigen Holzstühlen, in irgendeiner Seifenblase zu enden. War das unsere Zukunft? Unser Schicksal? Unsere Bestimmung?
"Was soll das? Wo bin ich hier? Was ist mit unserer guten alten Mutter Erde passiert und du... du bist kein Mensch!" Ich nahm mir die Freiheit, ihn auch zu duzen, was ihm aber scheinbar nichts ausmachte. Im Gegenteil, ihm schien das völlig egal zu sein und er machte sich daran, meine Fragen zu beantworten: "Doch, du bischt auf der Erde. Allerdingsch haben wir Menschen unsch verändert, wir haben vor einiger Zeit eine neue Bewußchtscheinschebene erreicht, in der schich jeder von unsch auschleben kann wie er will, dasch heißcht jeder kann allesch schein. Ich habe beischpielschweische die Form einesch einfachen Holzschtuhlesch gewählt. Du wirscht esch vielleicht nicht glauben, aber mein Vater war eine Schornschteinfeger und meine Mutter war ein... Schornschteinfeger. O.K., gut war vielleicht ein schlechtesch Beischpiel, aber wir Menschen haben gelernt, unsch von der Erdoberfläche zu löschen und unsch weschentlich vorteilhafter in dieschen ‘Kugeln desch höheren Bewußchtscheinsch’ einzurichten. Er hielt kurz inne, fuhr dann aber wieder unbeschwerlich fort: "Und dasch kam scho: Vor vielen, vielen Jahrtauschenden wurde die Erde in einem gewaltigen Krieg mit dem ‘Plankton’, einer mächtigen Raschsche von Aliensch, die esch nicht ertragen konnten, wasch wir mit all denen im Waschscher befindlichen Lebeweschen machten. Schie beschiegten unsch und machten mit unsch genau daschschelbe, wasch wir mit ihren Artgenoschschen auf der Erde taten: Schie aßschen unsch auf!" Man merkte dem Stuhl seine Betroffenheit darüber an.
"Die Überlebenden diescher schrecklichen Tragödie mußschten einen Weg finden, um zu überleben. Vor allem deschalb, weil die ‘Plankton’ die geschamte Erdoberfläche in eine einzige Wüschte verwandelten. Unschere Vorfahren schufen diesche Blaschen und ließschen ihre Scheelen dorthinein transchplantieren. Mit den Blaschen war esch den Scheelen schogar möglich, schich fortzupflanzen. Und nun, du haßcht esch ja geschehen." Er senkte seine Stimme, hob sein linkes, vorderes Stuhlbein und sagte daraufhin zu mir: "So, dasch mußch für dich genügen, denn ich habe jetzt noch eine Verabredung mit Teppichbürschte, und die isch ja scho schüüüüßch, wenn schie verschtehen, wasch ich meine?" Er zwinkerte mir noch zu, bevor er wieder in der Dunkelheit des schwarzen Raumes verschwand und mit einem Mal befand ich mich wieder neben Professor Kaiman in der Zeitmaschine. Ich war verwirrt. Kaiman hatte die selbe Geschichte von einem Stück Seife erzählt bekommen und war ebenfalls verwirrt. Wir entschieden, diesen Vorfall zu vergessen. Vielleicht war es besser so. Wir beschlossen in unsere eigene Zeitperiode zurückzukehren. Wir verließen das Schwarze Loch und befanden uns inmitten des Rolomn-Nebels. Der Professor vereinigte sein Schiff wieder zu voller Größe, bevor wir uns von einander verabschiedeten. Ich bestieg mein kleines Schiffchen und verließ den Sektor in Richtung Erde. Kaiman bekräftigte noch vor meinem Abflug, er werde mit seinen Forschungen weitermachen, bis es ‘Kaimanate’ für alle gäbe, die auch ohne ein Schwarzes Loch funktionieren könnten.
Wer hätte das gedacht? Denn während ich diese Zeilen schreibe, wird der ‘Kaimanat’ auf den Markt gebracht und gleich werde ich einer Einladung des Professors folgen und ihn mal wieder besuchen.

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