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Das parallele Glück
Stanley Kramer war sich absolut sicher. Heute war sein Tag.
Heute mußte sein Tag sein. Etwas anderes durfte einfach nicht in Frage
kommen. Viel zu lange nun wartete Stanley schon auf seinen Tag. Viele Jahre
hatte Stanley nie gewußt, was genau dieser Tag denn nun sein sollte
oder bringen würde, wenn auch seit seiner Kindheit irgendwo versteckt
in seinem Kopf die Gewißheit geschlummert hatte, daß es irgendwann
mal den Tag geben würde.
Der Abschlußball an der High School war eindeutig nicht
der Tag gewesen. Stanley kniff die Augen zusammen, um bloß nicht wieder
daran zu denken.
Er hatte dennoch allzu deutlich nur das Bild vor Augen, wie er allein in einer
Ecke als einzige Gesellschaft eine Plastikpalme in der Schulaula gehabt hatte,
die als Kulisse für die Arabische Nacht diente. Etwas später hatte
Stanley eilig die Aula verlassen, nicht aber, ohne einige Minuten vor dem
Gebäude zu verharren.
Vielleicht hatte jemand doch seinen Abgang bemerkt, vielleicht machten sie
sich Sorgen, fragten sich, was Stanley bloß bedrückte, vielleicht
machte sich gerade jetzt eines der Mädchen auf den Weg, um nach Stanley
zu sehen, um ihn mit einem Lächeln zu überraschen und zu fragen,
ob er nicht wieder reinkommen wolle, man könne doch tanzen, und hinterher
würde er zum Tanzkönig gewählt werden, ungeachtet der Tatsache,
daß Stanley gar nicht tanzen konnte...
Diese Nacht war Stanley mal wieder sehr frustriert nach Hause
marschiert, weil natürlich zu dieser Zeit kein Bus mehr fuhr. Beim langen
Fußweg ruinierte er sich die Ledersohlen der neuen Lackschuhe, es war
aber egal gewesen, er hatte sie am nächsten Morgen weggeworfen. Sie hatten
ihren Zweck ohnehin nicht erfüllt.
Und die Gewißheit um jenen besonderen Tag hatte sich wieder ein wenig
verkrochen.
Jener schöne Tag im Sommer vor einigen Jahren war eindeutig auch nicht
der Tag gewesen. Zwar ließ das kalte Neonlicht in der Bank nichts vom
Sommer draußen erahnen, aber in sich trug Stanley noch die Erinnerung
an die Sonne. Sie verblaßte jedoch rasch, als der Kundenberater Stanleys
Kreditwunsch ablehnte. Plötzlich schien es kalt geworden zu sein, nichts
zu spüren mehr vom Sommer.
Anscheinend verstand die Bank nicht, daß Stanleys Idee, ein Geschäft
für neue Erfindungen zu eröffnen, extrem zukunftsträchtig war.
Wie sollte er aber nur einen Laden ohne Startkapital ins Leben rufen? Stanley
hatte so gehofft, daß er seine Erfindungen, die im Keller allmählich
den ganzen Platz wegnahmen, einer breiten Öffentlichkeit präsentieren
könnte. Und da war ihm der Laden als letzter Ausweg erschienen, nachdem
die Industrie immer dankend abgelehnt hatte.
Stanley bastelte und erfand für sein Leben gern, bloß
daß den Nutzen seiner Konstrukte außer ihm niemand sehen wollte
oder konnte. Was war an einer Laserzahnbürste zum Beispiel nur auszusetzen?
Sie entfernte Zahnbelag absolut sicher, indem sie ihn zielsicher verdampfte.
Man mußte zwar ein wenig vorsichtig damit umgehen... aber wenn nur einer
der Manager den Weitblick bewiesen hätte, dann hätte man sicherlich
mit den dann zur Verfügung stehenden Mitteln es zur Serienreife bringen
können.
Aber nein, anscheinend wollten die Manager lieber weiterhin ihren schier unerschöpflichen
Vorrat an Zahnpasta verkaufen, anstatt eine automatisch gesteuerte Laserzahnbürste,
die sogar ohne Wasser auskam.
Und so tobte sich Stanleys ganz eigene Genialität im kleinen
Keller aus.
Ach ja... damals, damals, war auch nicht der Tag gewesen, als Stanley zu seiner
eigenen Verblüffung bei eigenen Berechnungen von Einsteins Relativitätstheorie
herausgefunden hatte, daß die Lichtgeschwindigkeit alles andere als
die oberste Grenze ist.
Welcher Professor glaubte auch schon einem 17-jährigen, leicht pickligen
Schüler mit Kartoffelchipskrümeln auf seinem Pullover, der vor der
örtlichen Universität mit zitternden Händen Flugblätter
verteilte, die von seiner bahnbrechenden Entdeckung kündeten?
Irgendwie hatte es rückblickend betrachtet viele verhinderte Tage in
Stanleys Leben gegeben. Sehr viele sogar.
Stanley kniff die Augen noch fester zusammen und strich sich
kurz mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Er wollte diese
Bilder verdrängen. Sie waren Bilder der Vergangenheit.
All die Jahre war er auch fehlgeleitet gewesen, er hatte sich nach Ruhm gesehnt,
nach Erfolg, nach Anerkennung, und hatte angenommen, daß der Tag ihm
all das bringen würde, bis er Sabrina kennengelernt hatte. Wobei "kennengelernt"
vielleicht ein wenig übertrieben formuliert ist. Bisher hatte Stanley
sie immer nur von weitem bewundert oder beim Vorübergehen im Flur der
Universität mit einem kurzem "Hallo!" oder "Guten Morgen" bedacht, manchmal
fielen auch zwei, drei kurze Sätze, was für Stanley dann stets der
Höhepunkt des Tages war. Sabrina hatte stets freundlich zurückgegrüßt.
Mit einem wirklich süßen Lächeln, wie Stanley nie müde
wurde, in Gedanken hinzuzufügen.
Und irgendwann bei einer dieser Begegnungen auf dem Flur war Stanley die Erkenntnis
gekommen: der Tag würde ihm nicht Reichtum oder Ruhm bringen, nein, er
würde ihm Sabrina Masterson bringen, Sekretärin von Professor Stevens,
der Tag würde ihm Liebe, Geborgenheit und endlich innere Ruhe bringen.
Es schien Stanley so, als hätten ihn all die mißlungenen Tage zuvor
nur auf diese eine Erkenntnis vorbereitet. Nicht Ruhm oder Geld zählte,
nur die Liebe. Und deshalb war sich Stanley auch absolut sicher, daß
heute einfach der Tag sein mußte. Was könnte sonst noch kommen?
Er war weder berühmter Erfinder, Wissenschaftler, erfolgreicher Geschäftsmann
oder einfach nur beliebt und reich geworden, es blieb nur die Liebe übrig.
Jenes Gefühl, das in Stanley von Woche zu Woche stärker die Zügel
in die Hände genommen hatte, jenes Gefühl, das all die Tage zuvor
unwichtig erschienen ließ.
Stanley war bereit.
Er hatte diesen Moment Tage und Wochen zuvor immer wieder im Geiste durchgespielt,
hatte sich Dialoge zurechtgelegt, um sich emotional auf den Tag heute einzustimmen.
Jetzt galt es.
Stanley blickte noch mal kurz an sich herab, auf seinem T-Shirt befand sich
immer noch ein Chipskrümel, hastig entfernte Stanley es.
Die Uhr an der Wand zeigte 12:15 Uhr, und schon öffnete
sich hinten im Gang die Tür, die zum Büro des Professors führte.
Stanley schaute Sabrina hinterher, wie sie sich auf den Weg zur Mensa machte,
um ihre Mittagspause dort zu verbringen. Er schluckte schwer und folgte ihr
dann. Stanley schaffte es, direkt hinter Sabrina in die Warteschlange zur
Essensausgabe zu kommen. Beinahe wäre ihm einer der Studenten zuvorgekommen,
aber diese Hürde war gemeistert.
Stanley atmete tief durch, was Sabrinas Aufmerksamkeit erregte.
"Oh, hallo Stanley", sagte sie mit ihrer samtweichen Stimme, als sie sich
zu Stanley umdrehte.
Dies ist dein Tag, dies ist dein Tag, dies ist dein Tag, wiederholte Stanley
im Geiste wieder und wieder - gleich einem hypnotischen Mandala.
"Hallo Sabrina...", brachte Stanley etwas unsicher hervor. Der erste Kontakt
mußte natürlich behutsam geknüpft werden, bloß nicht
mit der Tür ins Haus fallen, das dachte sich Stanley.
"Hast du heute nicht frei?" fragte Sabrina.
Sie zeigte Interesse! Sie zeigte eindeutig Interesse! Stanley brauchte keine
weitere Bestätigung mehr. Er blickte Sabrina an, schaute ihr kurz in
die tiefblauen Augen, bemerkte, wie ihr dunkelbraunes Haar locker über
die zarten Schultern fiel, sie war einfach zu schön, mehr als man sich
träumen konnte, und er würde heute mit ihr ausgehen.
"Äh... nein... Ich habe meinen freien Tag verschoben, es gibt noch so
viel zu tun, weißt du..." Nun war ein Job als Putzmann nicht gerade
ein Traumberuf, eigentlich eine Schmach, verglichen mit Stanleys ehemaligen
Ansprüchen und Ambitionen, aber was zählte ein Beruf, was finanzieller
Erfolg, wenn er die Liebe von Sabrina Masterson erhalten würde?
"Ja, die Gänge im Westflügel sind immer noch recht verschmutzt,
einige Studenten kümmern sich anscheinend nicht darum, daß irgend
jemand den Dreck hinterher wieder aufräumen muß...", meinte Sabrina
ein wenig empört.
Stanley war gerührt. Waren diese Sätze nicht Beweis genug, zeigten
sie nicht, wie Sabrina mit ihm fühlte? Vielleicht schimmerte etwas von
seiner Genialität ja doch durch, ließ erahnen, daß weit mehr
als nur ein bloßer Putzmann in ihm schlummerte.
Mittlerweile hatten Sabrina und Stanley ihre Mahlzeiten bekommen, eine undefinierbare
braune Pampe mit einem Stück Hackfleisch, das von seiner Oberflächenbeschaffenheit
her an den Eisenmeteoriten erinnerte, der in der städtischen Sternwarte
in einem Schaukasten lag.
Stanley folgte Sabrina, die zielsicher einen der leeren Tische ansteuerte.
"Äh... darf ich?" fragte Stanley ein wenig schüchtern, als sich
Sabrina setzte.
"Natürlich!" erwiderte Sabrina mit einem wirklich süßen Lächeln.
Zur Zeit erschien Stanley alles an Sabrina einfach nur süß.
Das Hackfleisch erwies sich dann doch nicht als Eisenmeteorit,
es war nur recht trocken, die braune Pampe war so eine Art Kartoffelbrei und
Stanley ertappte sich dabei, wie er daran dachte, eine Mensaküche erfinden
zu wollen, die garantiert schmackhafte und optisch reizvolle Nahrung produzierte,
selbst bei großen Mengen. Warum nur mußte sich Menge und Qualität
bei Küchen immer ausschließen? Stanley bemerkte noch gerade rechtzeitig,
wie seine Gedanken abdrifteten und schalt sich innerlich, daß er die
Zügel ein wenig schleifen ließ.
Er hatte eine Mission zu erfüllen! Die Mission seines Lebens!
"Sabrina...", sprach Stanley gedehnt, so als ließe er jeden einzelnen
Buchstaben des Namens förmlich auf der Zunge zergehen.
"Ja, Stanley?" fragte Sabrina, als Stanley zuerst keine Anstalten machte,
seinen begonnen Satz zu beenden.
"Ich... ich frage mich, ob du nicht Lust hättest, mal etwas besseres
zu essen, als das Zeugs hier in der Mensa, ich meine, wir könnten, ich
und du also, wir könnten ja, sozusagen..." Stanley hielt inne und fragte
sich, warum er nur so einen wirren Satz von sich gab. Dies ist dein
Tag, dies ist dein Tag, murmelte Stanley kurz in Gedanken, und wenn
dem so war, woran Stanley nicht im geringsten zweifelte, so spielte es doch
eigentlich gar keine Rolle, was er sagte, wie er es sagte. Das Schicksal würde
ihm einfach in die Hände spielen. In Gedanken so gestärkt fuhr Stanley,
nun schon mit festerer Stimme, fort: "Sabrina, hättest du Lust, heute
abend mit mir essen zu gehen?"
Ein erwartungsvoller Blick heftete sich an das verblüffte Gesicht von
Sabrina Masterson. Sie schaute kurz auf ihre Uhr. "Ja, weißt du Stanley...
wenn du mich so fragst... nein."
"Nein?" echote Stanley ungläubig, so als würde er zwar die Buchstaben,
nicht aber das dazugehörige Wort hören.
"Nein...", Sabrina blickte erneut auf ihre Uhr. "Der Professor erwartet mich
sicher schon, tut mir leid, Stanley, aber ich muß gehen..." Sabrina
bemühte sich, nicht allzu hektisch aufzustehen. Sie nahm ihr Tablett
und wollte schon gehen, als sie sich doch noch umdrehte. "Sei nicht traurig,
Stanley. Du bist ein netter Kerl..."
Und mit diesen Worten entfernte sie sich. Zurück blieb nur ein zarter
Hauch ihres Parfüms, doch auch der verflog rasch.
Nein...
Stanley drehte das Wort in Gedanken hin und her, beleuchtete es, zerlegte
es in die Einzelbuchstaben. Aber es war immer noch ein NEIN... Nein...
Mit betäubten Sinnen verließ Stanley die Mensa. In Gedanken ganz
versunken stolperte er über die große Treppe ins Freie hinaus,
wo ihn die Sonne freudig begrüßen wollte, aber Stanley bemerkte
sie nicht.
Er bemerkte auch nicht, wie der Bus, der an der Haltestelle vor dem Universitätsgebäude
stand, genau vor seiner Nase wegfuhr. Erst als Dieselqualmwolken Stanley zum
Husten brachten, erwachte er aus seiner Lethargie. Oh, der Bus ist weg! dachte
Stanley. Um dann gleich wieder in seine Erstarrung zurückzusinken. Es
war nichts neues für ihn, daß der Bus ohne ihn losfuhr. Es spielte
dabei keine Rolle, ob Stanley auf die Uhr achtete und pünktlich zur Haltestelle
ging, entweder hatte der Bus dann gerade Verspätung, oder aber er war
einfach ein wenig zu früh losgefahren.
Es war egal. In zwanzig Minuten kam ja schon der nächste.
Stanley hätte ihn fast nicht bemerkt.
NEIN...
Dieses Wort hallte furchtbar laut in Stanleys Gedanken wider. Völlig
entrückt hatte er eine große Packung Hot’n’Spicy Jiffys aufgerissen,
eigentlich nur gewöhnliche Kartoffelchips mit scharfer Würze,
aber Jiffys hörten sich einfach nicht so banal an und ließen
sich wohl besser verkaufen. Lauter kleine Krümel bedeckten mittlerweile
Stanleys T-Shirt. Es war ihm egal.
Irgendwie beruhigte ihn das Knirschen und Knacken der Chips in seinem
Mund. NEIN... Konnte es sein, daß auch dieser Tag nicht der
Tag gewesen war? Konnte Stanley sich so täuschen? Warum nur immer
er? Wieso mußte jedes Unternehmen, das Stanley in Angriff nahm, so
völlig, total und unwiderruflich scheitern? Was hatte er der Welt
angetan?
Stanley schaltete den Fernseher an.
Fröhliche Jungen und Mädchen feierten eine Party und hielten
dabei ganz zufällig jeder eine große Packung Hot’n’Spicy Jiffys
in die Kamera. "Jiffys und die Party wird heiß!" tönte eine
aufgedrehte Stimme.
Warum nur konnte die Werbung nicht einmal die Realität zeigen?
Einen gefrusteten, deprimierten Typen, der sich an den Chips nicht so anmutig
delektierte wie gezeigt, sondern sie in großen Haufen in seinen Mund
stopfte und dabei lauter Krümel auf seine Kleidung verstreute? Ob
es wohl der gleiche Grund wie in der Bierwerbung war, wo immer nur schöne
und adrett gekleidete Menschen kleine Schlucke aus niedlichen Gläsern
nahmen? Ein rülpsender Penner auf der Parkbank trank doch viel eher
so ein Zeugs, war eigentlich der beste Kunde, welche zwanzigjährige
Frau prostete in der Nobelbar schon einem sonnenbankgegerbten Heini an
der Theke zu?
Ehe Stanley noch mehr unsinnige Gedanken formulieren konnte, kamen
endlich die Lottozahlen.
Das Los lag zerknüllt irgendwo in der Ecke
des Zimmers. Ebenso wie zwei Tüten Jiffys. Brezeln schmeckten auch
ganz gut, sie bröselten bloß noch mehr. Aber wen störte
das schon? NEIN...
Irgendwie wollte Stanley dieses NEIN... nicht akzeptieren. Es mußte
doch Mittel und Wege geben! Stanley hatte über Wochen hinweg gespürt,
daß dieser Tag heute der Tag sein würde. Wie hatte Sabrina ihn
so enttäuschen können?
Die Welt geht manchmal seltsame Wege. Genau wie
Ideen. Ideen kommen meist zu den ungelegensten Augenblicken. Beim Einkaufen.
Auf der Toilette. Im Stuhl des Zahnarztes, wenn das gemeine Geräusch
des Bohrers ertönt. Beim Warten auf den Bus. Vor allem da.
Stanley hatte viele Ideen auch beim Chipsessen (er fragte sich gerade,
ob bei seinem Glück, so er denn jemals eine gewinnbringende Idee haben
sollte, der Hersteller von Jiffys nicht all das Geld und den Ruhm dann
von ihm einklagen würde, es würde ihn nicht wundern!), wie
genau aber diese Idee jetzt kam, diese ganz besondere Idee, das wird wohl
immer ein Mysterium bleiben.
Stanley starrte einfach auf den zerknüllten Losschein der staatlichen
Lotterie und trottete dann ganz langsam in den Keller, wo sich, für
einen uneingeweihten Menschen, allerlei Gerümpel stapelte, allerdings
handelte es sich dabei um diverse Erfindungen von Stanley Kramer.
Und Stanley wühlte darin.
Er fummelte hier rum, rüttelte da, riß dort ein Teil ab,
hier eines, bis er eine ansehnliche Sammlung von Gegenständen auf
dem Boden liegen hatte. Stanley kratzte sich kurz am Kopf und fing dann
an zu basteln.
Es ist nicht genau überliefert, wie genau Stanley bastelte, was
er gerade bastelte. Man vermutet, daß auf jeden Fall zehn Meter Kupferdraht,
ein Autostoßdämpfer, diverse Mikrochips und ein Basketball darin
verwickelt waren... aber wen kümmert das wie, wann und wo, wenn das
Ergebnis allein zählt.
Denn als draußen der Morgen graute war Stanley Kramers Paralleluniversum-Sprungmaschine
fertig. Nun ist "Paralleluniversum-Sprungmaschine" sicherlich ein sehr
verwirrender und auch komplizierter Name für Stanleys Erfindung. Aber
er hatte schon immer Probleme damit gehabt, seinen Werken schmissige Namen
zu geben. Dieser Name hier deutete aber zumindest an, was die Funktion
der Maschine war. Nach einigen Minuten, in denen Stanley die Konstruktion
vor sich anstarrte, taufte er sie in "Glücks-Verbesserer" um. Dieser
Name ließ schon viel eher ahnen, was Sinn, Ziel und Zweck der Maschine
war. Und wer würde nicht so ein Ding haben wollen, welches die
eigenen Chancen beim Glück aufpolierte?
Doch dachte Stanley im Moment gar nicht daran, seine neue Erfindung
zu vermarkten. Er hatte ganz andere Gefühle zur Zeit. Es war eine
Mischung aus Rache und Vorfreude. Das Grinsen auf Stanleys Gesicht spiegelte
beides wider.
Stanleys Kinnlade klappte nun schon geraume Zeit
nach unten. Passanten auf der Straße warfen ihm kurze Blicke zu,
schüttelten dann aber den Kopf, so als verwarfen sie gerade eine Idee.
Überall in der Stadt hingen große Werbeplakate.
"Zappen Sie sich weiß!"
"Die Bakterien haben Ihnen lange genug in den Mund geschaut!"
"Zappo-dent! Die Wahl der Profis!"
Je nach Spruch grinste ein anderes Gesicht vom großen Plakat,
aber jedes von ihnen hielt eine Laserzahnbürste in der Hand.
Stanley taumelte durch die Stadt und stierte wie ein Geisteskranker
auf die verschiedenen Plakate. Manchmal drang ein kehliges Lachen aus seinem
Hals, kurz vor der Hysterie.
"Hasta la vista, bakteria!" Arnold Schwarzenegger mit Lederkluft und
Sonnenbrille und einer Laserzahnbürste in der Hand.
Stanley blieb stehen und lachte sich tot. Er krümmte sich vor
lachen und mußte sich bald den Bauch vor Schmerzen halten.
Nach einigen Minuten hielt er endlich inne, er japste nach Luft und
schaute wieder auf das Plakat. Er hätte es nicht tun sollen, denn
ein weiterer Lachkrampf war die Folge.
Die Leute, die Stanley passierten, machten einen großen Bogen
um ihn, nicht aber, ohne vorher kurz den komischen Mann näher angeschaut
zu haben. Ein Kopfschütteln war meist die einzige Reaktion, ehe die
Leute weitergingen.
Stanley hatte sich endlich beruhigt und konnte nun schon das Plakat
anschauen, ohne in hysterisches Gelächter zu verfallen.
Zappo-dent... es hörte sich in der Tat schmissig an. Nach etwas,
das jeder junge Mensch haben wollte. Neben dem linken Fuß von Arnold
standen ein paar weitere Sätze.
"Zappo-dent. Ein erfolgreiches Produkt von Kramer-Industries." Dazu
ein wirklich schmuckes Logo mit den eingewobenen Initialen SK.
Und hatte Stanley zuvor vielleicht ein schlechtes Gewissen gehabt,
so jetzt nicht mehr. Es dauerte nicht lange und er hatte den Firmensitz
von Kramer-Industries gefunden.
"Wo ist mein Büro?" fragte Stanley in merkwürdig
ungewohnter Kleidung die Empfangsdame des 100 stöckigen Wolkenkratzers.
Die Frau starrte Stanley an und fragte sich, ob dies heute ein exentrischer
Test sein sollte, aber es war sicherlich unklug, Fragen zu stellen. "100.
Stock, Mr. Kramer..." antwortete die Empfangsdame ein wenig verwirrt. War
der Chef nicht schon vor drei Stunden nach oben gefahren?
Stanley betrachtete sich die Wände des Fahrstuhles.
Sein Alter Ego hatte anscheinend mit der Laserzahnbürste einschneidenden
Erfolg gehabt. Stanley hatte es immer vermutet, aber die überwältigende
Anwesenheit der Fakten betäubte ihn doch.
Auf dem Weg zum Firmensitz hatte Stanley noch andere Plakate entdeckt.
Anscheinend gab es eine ganze Zappo-Produktfamilie. Die Lasergeschirrspülmaschine
(Zappo-mat), die Laserautowaschanlage (Zappo-mobil), das Laserbrillentuch
(Zappo-look) und sogar eine Lasertoilette (Zappo-dumpster).
Der Weg nach oben vollzog sich recht schnell. Und all die Weil murmelte
Stanley düster vor sich hin.
Die Tür zum Büro wurde krachend aufgeschlagen und ein verblüffter
Stanley Kramer starrte sich selbst ins Angesicht.
"Was zum...", entfuhr es Stanley Kramer, Präsident von Kramer-Industries.
"DU!", brüllte Stanley Kramer, Putzmann der städtischen Universität.
"Ich?"
"Du bist Schuld daran, daß nichts in meinem Leben klappt!"
"Was? Sicherheit, sofort in mein Büro!" Kramer drückte eine
Taste.
"Natürlich leugnest du alles, du weißt natürlich auch
von nichts, wie auch. Aber deine Existenz ruiniert die meine!" versuchte
Stanley zu erklären.
"Von was reden Sie... ich meine... Was soll das?! Sind Sie verrückt?",
stammelte Kramer, der in den Lauf eines Revolvers schaute.
"Es tut mir aufrichtig leid, weißt du, ich bin beileibe kein
Mörder..." Stanley legte kurz den Kopf zur Seite. "Aber genau genommen
bringe ich mich nur selbst um. Und dein Tod hat etwas gutes. Du hilfst
mir, und damit irgendwie auch dir."
Der Fahrstuhl kam. Viel Zeit blieb nicht mehr.
"Wollen Sie Geld? Sie sehen aus wie ich, von was reden Sie nur? Warum
wollen Sie mich töten, ich habe Ihnen doch nichts zuleide getan?"
Kramer überlegte, wie er heil aus dem Büro kommen konnte.
"Ich will dich nicht unwissend dein Opfer bringen lassen, Stanley.
Ich bin Stanley Kramer, oh, nicht der Stanley aus diesem Universum, ich
komme aus einer parallelen Welt, wobei all diese Welten quantenphysikalisch
miteinander verwoben sind. Wann immer irgendwo ein Stanley Kramer dem Schicksal
über den Weg läuft, einer ist der Gewinner, einer der Verlierer.
Nun, ich bin der Verlierer. Der ewige Verlierer. Aber nicht mehr lange.
Es ist nicht persönlich gemeint, Stanley, ich mag dich, wie auch nicht,
denn du bist ja ich. Aber du hast mir das genommen, was auch mir zusteht.
Und ich ertrage es nicht mehr."
"Sie sind wirr! Ich kann Ihnen helfen, Geld, alles kein Pro..."
"Du verstehst nicht, Stanley. Es dreht sich nicht um Geld. Ich muß
dich töten, um die Anzahl der Stanley Kramers im Quantenuniversum
zu verringern, du verstehst? Bei 1.000.000 Stanleys ist die individuelle
Chance auf Glück viel geringer als bei nur 100 Stanleys... Mach’s
gut."
Und mit diesen Worten feuerte Stanley den Revolver ab.
Stanley Kramer, seines Zeichens nun toter Präsident von Kramer
Industries, sackte mit einem großen Loch im Kopf auf den Schreibtisch.
Als die Sicherheitskräfte in das Büro stürmten, war
keiner mehr da.
Stanley zitterte am ganzen Leib. War er verrückt?
War er ein Mörder? Eigentlich haßte Stanley Blutvergießen,
und die letzte halbe Stunde über der Kloschüssel bezeugte das
auch.
Aber genaugenommen begang Stanley ja keinen Mord, das redete Stanley
sich zumindest ein. Sicherlich, in einigen Gesellschaften war auch der
Mord an der eigenen Person strafbar, aber Stanley war nie Anhänger
dieser Meinung gewesen.
Und mit zitternden Knien dachte Stanley an all die Plakate, an all
das, was er hätte erreichen können, was aber jener andere Stanley
Kramer an seiner Stelle vollbracht hatte. So durfte es nicht weitergehen.
Er wollte nicht immer beim Münzenwurf auf der Verliererseite enden.
Stanley dachte daran, welcher andere Stanley Kramer gestern wohl ein
wunderschönes Abendessen mit Sabrina Masterson verbracht hatte.
Und dieser Gedanke allein reichte aus, um wieder aktiv zu werden.
Der nächste Stanley Kramer war ein gefeierter
Filmstar. Wie Stanley bald herausfand, war er vor einigen Jahren auf dem
Abschlußball der Highschool beim Tanzen von einem zufällig anwesenden
Produzenten entdeckt worden. Im Kino lief gerade sein neuester Film: "Dance
my life away".
Stanley hatte schnell gemerkt, daß er sich bei seiner Berühmtheit
ein wenig verkleiden mußte, und so hatte er dem nächstbesten
Penner den Mantel geklaut, in dieser schäbigen Aufmachung ignorierte
ihn jeder.
Als Stanley seine, irgendwie dachte Stanley, daß all das hier
potentiell ihm gehörte, Villa betrat, zitterte seine Hand nur ein
wenig.
"Wie zum Geier?" sagte ein sehr entsetzt blickender Stanley Kramer,
seines Zeichens zweifacher Oscargewinner.
"Es ist nicht persönlich gemeint...", sagte Stanley mitfühlend,
als er den Abzug betätigte.
Er verließ das Zimmer, um im Nebenraum die Pforte zurück
zu öffnen, als er einen Schrei des Entsetzens und dann ein furchtbares
Weinen vernahm. Stanley drehte sich noch kurz um. Über seine Leiche
gebeugt, soll heißen, über die Leiche des quantenmechanischen
Alter Egos gebeugt, sah er Sharon Stone...
Der nächste Stanley Kramer war weder ein großer
Star noch sonderlich berühmt oder reich. Aber er war mit Melissa Anderson
verheiratet. Stanleys Schwarm von der High School. Wie gerne hätte
er auf dem Abschlußball mit ihr getanzt, ganz abgesehen von der Tatsache,
daß er nicht tanzen konnte, aber welche Rolle spielte das schon?
Stanley fühlte sich betrogen. Den Abzug betätigte er aber
immer noch leicht zitternd.
Beim Nobelpreisträger Stanley Kramer zitterte die Hand schon weniger.
Der nächste Stanley Kramer war aber wieder
eine besonders harte Nuß. Stanley stand erstarrt im Park und sah
sein Alter Ego mit Sabrina Masterson händchenhaltend und küssend
auf einer Bank.
Ein unsäglicher Schmerz durchfuhr Stanley, als er sich selbst
mit Sabrina so sehen mußte. Hier steckte also der Kerl, der an seiner
Stelle die Verabredung mit Sabrina bekommen hatte.
"Stanley?" sagte Stanley äußerlich ganz ruhig, als er vor
die Bank trat.
Sabrina Masterson und Stanley Kramer, zur Zeit glücklich verliebter
Putzmann der städtischen Universität, ließen voneinander
ab und starrten den Fremden an, der eine Waffe auf sie richtete.
Ohne ein Wort zu sagen schoß Stanley. Dann drehte er sich um
und öffnete die Pforte. Er blickte kurz zurück und sah den unsagbaren
Schmerz auf Sabrinas Gesicht. Es tat ihm leid, leid für sie. Aber
eine andere Sabrina würde dafür bald glücklich sein - mit
ihm.
Es tat sich ein Problem auf.
Stanley hatte nun schon mehrere Magazine verschossen, aber die parallelen
Stanleys nahmen kein Ende. Natürlich gab es sehr viele parallele Universen,
für jede quantenphysikalische Entscheidung in Stanleys Leben genau
eines.
Es gab unzählige Varianten der Vorsitzenden von Kramer Industries,
es gab viele berühmte Schauspieler und Tänzer, viele glücklich
verheiratete Exemplare, sehr viele Nobelpreisträger, Stanley konnte
unmöglich alle von Hand töten.
Und so ließ er sich etwas besseres einfallen.
Nur zwei Tage später war der Vollautomatische Liquidator fertig.
Ganz kurz dämmerte in Stanley die Erkenntnis, daß seine Erfindungen
der letzten Zeit eigentlich auch für Nobelpreise in dieser, seiner
Welt herhalten konnten. Aber Stanley befand sich zur Zeit weit jenseits
solcher Gelüste oder Neigungen. Er wollte Sabrina, und der Rest würde
von ganz allein kommen, wenn all das Glück des Quantenuniversums nur
noch einen Stanley Kramer hatte, den es beschenken konnte.
Der aufmerksame Leser wird sich inzwischen vielleicht fragen, warum
Stanley nicht einfach nur eines seiner Alter Egos tötete und nahtlos
seinen Platz übernahm, all den Reichtum, den Ruhm, oder die hübsche
Ehefrau? Warum bloß all die Mühe und Aufwand?
Nun, Stanley wollte kein erstohlenes Glück, wollte nicht etwas,
was ihm nicht zustand. All die Wolkenkratzer, Oscarstatuen, Nobelpreise
und Ehefrauen hatte nicht wirklich er erhalten, und er wollte es erleben,
wollte es spüren, dieses Gefühl, all das zu erreichen. Nicht
der pure Besitz war das, was Stanley anstrebte, nein, er wollte erleben,
wie er zu diesen Dingen höchstpersönlich selber kam.
Und diese Zeit würde bald kommen.
Der Vollautomatische Liquidator war einsatzbereit. Er vereinigte einige
wirklich sehr geniale Erfindungen, leider ist auch hier nicht genau überliefert,
wie Stanley ihn nun genau konstruierte, sicher ist nur, daß eine
modifizierte Laserzahnbürste, ein Autoreifen und diverse Metallteile
benutzt wurden.
Der Vollautomatische Liquidator hatte ein eingebautes Sprungtor, das
ihn zielsicher von Paralleluniversum zu Paralleluniversum brachte. EinAntigraveinrichtung
ließ ihn elegant schweben, während eine Sensoreinrichtung nach
Stanleys Alter Egos suchte (wie genau ist leider unbekannt...) und die
leicht veränderte Laserzahnbürste tat den Rest.
Eine Sperre im Gerät verhinderte, daß die Maschine aus Versehen
in Stanleys eigenes Universum zurückkehren konnte. Diese Todesmaschine
ließ sich durch nichts stoppen und Stanley wollte nicht in Verlegenheit
geraten.
Mit einem kleinen Lichtblitz verschwand der Liquidator schließlich.
Nun galt es, zu warten.
Eine Woche zog ins Land, in der Stanley wieder
sein altes Leben aufnahm. Er putze die Gänge der Universtität
und aß eine Menge Chips. Er hatte die Morde an sich selbst in den
tiefsten Winkel seiner Seele verdrängt. Stanley war beileibe kein
böser Mensch. Nur sehr verzweifelt.
Aber das besserte sich an dem Tag, als Stanley nach Feierabend den
Bus gerade eben so noch erwischte.
Es wurde sogar noch besser, als seine Losnummer im Lotto einen kleinen
Preis gewann.
Stanley ließ die Chips aus seiner Hand fallen und starrte auf
den Lotterieschein. Es war kein Irrtum. Er hatte gerade 50 Dollar gewonnen.
Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er etwas gewonnen!
Sollte Stanleys Plan endlich Früchte tragen? Ganz kurz schweiften
seine Gedanken zum Liquidator ab, soll heißen, Stanley hatte ihn
in der letzten Woche in "Vollautomatischer Glücksverbesserer" umgetauft,
es klang hübscher und traf, wie Stanley dachte oder denken wollte,
den Kern der Sache viel besser. Sollte also der Vollautomatische Glücksverbesserer
bereits so weit vorgedrungen sein, daß die Gesamtanzahl aller Stanley
Kramers so weit abgenommen hatte, daß das Glück nicht mehr an
ihn vorüberziehen konnte?
Mit diesem freudigen Gedanken schlief Stanley ein.
Am nächsten Morgen wartete der Bus auf Stanley,
der sich nicht mal abhetzen mußte, um einen leeren Sitzplatz zu ergattern.
An der nächsten Station setzte sich dann eine hübsche Frau neben
ihn, und das, obwohl zehn alte Damen einstiegen. Und Stanley grinste.
Sollte er zur Bank gehen und nach einem Kredit fragen?
Sollte er sich gleich heute wieder einen Lottoschein für die nächste
Ziehung kaufen?
Nein, Stanley wußte, was er wollte...
Die Hähnchenkeule und die Pommes sahen nicht
nur gut aus, nein, sie schmeckten auch. Selten hatte Stanley sein Essen
in der Mensa so genossen wie heute.
Aber er würdigte das Mahl kaum, denn seine Blicke hafteten auf
Sabrina Masterson, die ihm gegenüber saß.
"Ich war letztens ein wenig grob zu dir, Stanley", fing Sabrina zu
sprechen an.
"Ach nein...", meinte Stanley großzügig.
"Oh doch, und ich möchte mich entschuldigen, du hast mich so lieb
gefragt und ich war so grob..."
"Das warst du nicht, Sabrina..." Stanleys inneres Lächeln wurde
zunehmends breiter und breiter.
"Was ich dich nur fragen wollte, Stanley, gilt dein Angebot noch?"
Und Sabrina schenkte Stanley ein wahrhaft süßes Lächeln.
Stanley Kramer, zur Zeit unendlich verliebter Putzmann der städtischen
Universität, schaute in die dunkelblauen Augen von Sabrina Masterson,
er sah, wie das Sonnenlicht, das durch die Scheibe fiel, ihre dunkelbraunen
Haare schimmern ließ, er sah ihre sinnlich geschwungenen Lippen:
"Aber natürlich, Sabrina, ich würde mich freuen, wenn wir heute
abend essen gehen würden", sagte Stanley mit einem Lächeln.
"Schön!" freute sich Sabrina. Und mit ihr Stanley.
Die Sonne neigte sich dem Horizont zu und tauchte
die Welt in goldgelbes Licht. Es war ein wunderschönes Abendessen
gewesen.
Stanley und Sabrina gingen über die große Promenade am Flußufer
entlang und schauten den Enten zu.
"Ich hatte lange keinen so schönen Abend mehr, Stanley", sprach
Sabrina.
"Ich auch nicht...", erwiderte Stanley, der aus seinen Gedanken wieder
emporstieg, War all das hier real? Das war es. Das war es! Es gab keinen
Zweifel mehr, als Sabrina Stanleys Hand ergriff und ihm in die Augen schaute.
Zaghaft führte Stanley seine rechte Hand an Sabrinas Wange. "Du
bist wunderschön", flüsterte er.
Sabrina lächelte. Ihre Lippen näherten sich den seinen als
urplötzlich ein greller Lichtblitz die beiden blendete. Sabrina fuhr
herum. "Was zum...", stammelte sie.
Stanley Kramer, mit einer Waffe in der Hand, stierte Stanley Kramer
und Sabrina Masterson an. Als Stanley sich selbst genauer betrachtete,
bemerkte er einige kleine Chipskrümel am T-Shirt des soeben eingetroffenen
Alter Egos.
"Wer... wer bist du?" fragte Stanley voller Panik. Sollte er etwas
übersehen haben? Eine schreckliche Gewißheit tat sich in Stanley
auf.
"Du weißt es nicht, oder? Du Narr!" sprach Stanley Kramer aufgebracht.
"Hast du wirklich geglaubt, du wärest der einzige, der vom Pech verfolgt
wird? Es gibt anscheinend unzählige vom Pech verfolgte Stanley Kramers,
genau wie es unzählige vom Glück verfolgte gibt. Und einige werden
immer hinten in der Schlange stehen, selbst wenn die, die vorne stehen,
aus dem Weg geräumt werden.
Aber ich nicht..." Stanley Kramer kicherte irr bei diesen Worten. "Mein
vollautomatischer Zappo-blaster schützt mich vor jeglicher Waffe.
Es tut mir leid für dich, Stanley, aber du wirst es sicherlich verstehen,
es ist nicht persönlich gemeint, aber das weißt du ja. Doch
es kann nur einer gewinnen, und das werde ich sein."
"Warte!" brachte Stanley gequält heraus.
"Du hast nie gewartet, ich weiß das, weil sich meine Linie erst
vor wenigen Wochen von deiner abgezweigt hat... ich weiß nicht, ob
du diese Linie in Gang gesetzt hast, einer muß den Stein des Anstoßes
gegeben haben, nun gut, ich habe diesen Wahnsinn nicht begonnen, aber ich
will der sein, der ihn als letzter beendet. Das Glück wird mein sein!"
Die Augen von Stanley Kramer leuchteten bei diesen Worten. Und der Finger
krümmte sich kaum, als er den Abzug betätigte.
Sabrina Masterson hielt fassungslos die Leiche von Stanley Kramer in
den Armen und ließ ihrem fassungslosem Schmerz und der Verwirrung
mit heißen Tränen freien Lauf.
Und so bemerkte sie den Lichtblitz kaum, der Stanley Kramer verschwinden
ließ.
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