© der Geschichte: Seth Ghwyndion. Nicht unerlaubt
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Gefolgsmann des Windes

Elyain schüttelte sich, versuchte die Nässe loszuwerden, die nun schon seit Stunden durch seine Kleider rann, über seinen Körper kroch und seine Lippen blau anlaufen ließ. Zitternd vor Kälte suchte er das vor ihm aufragende Gebirge nach einem Felsspalt ab, der groß genug sein würde, um ihm Schutz vor der Flut des Regens und dem Brausen des Windes zu bieten, das nun zu einem wütenden Heulen anschwoll. Elyain fröstelte. Es erschien ihm ganz so, als ginge es hier, abgeschieden von jeglichem menschlichen Treiben, nicht mit rechten Dingen zu. Sicher, er hatte sich viel über Zauberei und Spuk von den Einwohnern des letzten heruntergekommenen Dorfes am Rande dieses Gebirgszuges erzählen lassen, doch er hatte den pestnarbigen Gestalten keinen Glauben schenken können, auch wenn er selbst einmal im Kindesalter dem Teufel persönlich begegnet zu sein glaubte.

Damals, er erinnerte sich noch so genau daran, als wäre es erst gestern geschehen, da war er trotz des Verbots seines Vaters des Nachts noch einmal nach draußen gelaufen, um sich lieber auf die starren Halme des Feldes zu kauern, als den Nachttopf zu benutzen, in dem am Tag zuvor eine Ratte gesessen hatte, die es sich nicht hatte nehmen lassen, ihn in den Knöchel zu beißen. Er besann sich der gelben Scheibe des Mondes, die er in dieser Nacht vergebens gesucht hatte. Die Nacht war so schwarz gewesen, wie Obsidian und kein Lüftchen hatte sich geregt. Er wußte noch immer genau, daß er zunächst nicht auch nur einen Schritt vor die Tür hatte setzen wollen, doch dann tauchte wie aus dem Nichts das Bild einer riesigen, tollwütigen Ratte auf, deren Zähne so spitz wie Speere waren, und schließlich hatte doch die Furcht vor dieser wilden Kreatur die Angst vor der Dunkelheit besiegt und Elyain hatte sich, nachdem er noch einen Blick auf die schlafende Mutter geworfen hatte, nach draußen in die wabernde Schwärze gewagt. Elyain fröstelte, als er sich der Konsequenzen dieser fatalen Handlung besann und er fragte sich, ob er nicht auch dieses Mal, als er sich den Rittern des Königs Annyrs anschloß, den gleichen Fehler gemacht hatte.

Elyain blickte sorgenvoll auf die schwarzen Wolken am Horizont, die das Dämmern der eiskalten Nacht ankündigten, die dem Regen die eisige Kälte von Hagel und dem Wind die Kraft eines Dämons verleihen würde, der über die Wipfel der Bäume blies, die seiner Gewalt nur unwillig knarrend nachgaben. Elyain wagte kaum, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, führten sie ihn doch immer wieder an den Ort seiner größten Furcht, auf das dunkle Feld in jener längst vergangenen Nacht. Er versuchte abermals, gegen seine Erinnerung anzukämpfen, doch es gelang ihm einfach nicht. Und wieder befand er sich nun vor der Tür der armseligen Hütte seiner Eltern und blickte verzweifelt auf die wallende Schwärze, des in Dunkelheit gehüllten Feldes. Doch dann, da hatte er sich ein Herz gefaßt und war so schnell, wie ihn seine Füße nur trugen, nach draußen gelaufen, hatte sich hinkauern wollen, doch war dann zurückgewichen voller Angst vor der namenlosen Kreatur, die auf dem Feld auf ihn gewartet zu haben schien, war gestolpert, war hingefallen und hatte durch den tiefen Aufschrei der Angst seine Eltern geweckt, die aufgeregt zu ihm geeilt waren.

Er versuchte mit aller Kraft, nicht das Bild dieses namenlosen Grauens vor seinen Augen entstehen zu lassen, doch kaum hatte er in der Ferne, wo die durch Regenwolken beschirmte Sonne den Berg mit rot-goldenem Licht taufte, einen schwarzen Spalt in einer Felswand erblickt, der ihm für die Nacht Schutz vor dem Unwillen der Natur geben würde, da tauchte wieder das Bild seiner vergangenen Ängste wie aus dem Nichts auf, es ergriff ihn und er gelangte in einen Zustand höchster Hysterie, in der er jeden der Monoliten am Rande des ausgetretenen Schlammpfades für ein Ebenbild seiner grausamen Phantasie hielt. Die Wärme des Perderückens unter ihm rieß ihn aus der Welt der Nachtmahre und er besann sich, daß Eile geboten war, wollte er die Öffnung des Berges in der Ferne noch vor dem Eintreten der Nacht erreichen. Also gab er seinem Pferd die Sporen, dessen erschöpftes Keuchen sein Mitleid erregte, doch er hörte nicht auf die Stimme seines Herzens, sondern auf die seiner Angst und so ritt er im Galopp durch das Dämmern des Tages hinab zur untergehenden Sonne, ganz als könne er ihr folgen, als könne er sich an ihre Fersen heften, um sie nie wieder untergehen zu sehen.

An der Spalte angekommen, mußte er feststellen, daß der Spalt gerade einmal groß genug war, um sich selbst die spitzen Kanten des rissigen Gesteins unbeschadetet passieren zu lassen, während sein Pferd, das ihn so treu den ganzen Weg vom Lager des feindlichen Königs Nadyr hierher gebracht hatte, wieder einmal draußen in Wind und Regen stehen mußte. Er betrachtete es besorgt, war es doch seine einzige Hoffnung in dieser schier auswegslos scheinenden Situation. Er gedachte all seiner Kameraden, die entweder von den Gefolgsleuten dieses im ganzen Land verhaßten Königs an Stricke geknüpft worden oder der Pest zum Opfer gefallen waren, die breite Teile des Landes befallen hatte. Elyain bemühte sich, nicht etwa rührselig zu werden und Tränen für seinen besten Freund zu vergießen, der ihn den längsten Teil der Reise begleitet hatte, bis sein Pferd gestrauchelt und er mit dem Kopf auf einem Felsen aufgeschlagen war. Er besann sich des letzten Aufschreis seines Freundes und der nassen Röte seines Blutes, das über das Felsgestein geronnen war und fühlte, daß das Bild des Teufels, das ihn seit der besagten Nacht in seiner Kindheit verfolgte, nicht das einzige war, das ihn erzittern ließ.

Er band das Pferd an einen Weidenbaum direkt neben dem Höhleneingang und versuchte, seine eigenen dunklen Gedanken abzuschütteln wie den Regen, der seine Kleidung an seiner kalten Haut kleben ließ. Wenn doch wenigstens Ghwennyfair hier wäre, fuhr es ihm durch den Kopf. Er sehnte sich nach dieses edlen reinen Jungfrau, die sein Onkel für ihn zur Braut erkoren hatte. Doch er wußte, daß nun noch nicht die Zeit dafür gekommen war, sich Liebesgefühlen hinzugeben, erst mußte seine Mission erfüllt sein, die das ganze Königreich vor den Schwertern des fremden Königs schützen sollte. Er musterte noch einmal in Gedanken das von der Sonne dunkelgebrannte Gesicht des feindlichen Königs Nadyr, das durch rissige Furchen des Alters und tiefe Krater von Pestnarben so durchzogen war, das es ihn an das eines Dämons gemahnte. Doch er wußte, daß es wohl seine eigene Angst vor ihm gewesen sein mußte, die ihn nun in solch ein schwarzes Gewand kleiden ließ. Sicherlich, dieser König mochte durchaus grausam sein und seine unehrenvolle Art, die es ihm erlaubte, den Abgesandten aller anderen Königreiche gleich Weglagerern aufzulauern, weckte die höchste Abneigung in Elyain, doch machte der König seinem schlechten Ruf auch alle Ehre, so schien es dennoch mehr als unmöglich, das er der Dämon sein sollte, als den ihn das abergläubige Landvolk sah. Das Landvolk, Elyain schämte sich seiner, war er doch selbst in einer Bauernfamilie groß geworden, bis eines Tages der Abgesandte des Königs gekommen war, um ihm mitzuteilen, daß er eigentlich der Sohn einer der Ritter des Königs Allyrs war, der ihn gleich nach seiner Geburt gegen den Willen seiner Mutter zu einer Bauernfamilie gebracht hatte, um ihn nicht gleich seinen Brüdern zu einem selbstgefälligen Weichling zu erziehen. Elyain erinnnert sich noch genau an seine Wut, die ihn damals gepackt hatte, obschon er doch eigentlich hätte froh sein müssen, diese erfreuliche Nachricht zu vernehmen, war er doch von einem Augenblick zum anderen von einem einfachen Bauernsohn zu einem Adligen aufgestiegen. Er besann sich noch genau an den Aufschrei, der ihm entfahren war und daran, daß er drei Wochen lang nicht mit seinen Eltern hatte sprechen wollen, die ihn, so wie es in seinen Augen aussehen mußte, seit seiner Geburt belogen und betrogen hatten, indem sie ihm die Wahrheit seiner Herkunft verheimlicht hatten.

Es fiel ihm schwer, nicht in Wehmut zu verfallen, wenn er sich der Dunkelheit der folgenden Wochen besann, in der er sich mit aller Kraft bemühte, sich in den düstern Gemäuern seiner leiblichen Familie einzuleben. Zunächst hatte er noch die Hoffnung gehegt, daß er nicht nur seinen viel zu gestrengen Vater, sondern auch seine leibliche Mutter wiedertreffen würde, doch bei der Ankunft auf der Burg hatte man ihn davon unterrichtet, daß sie schon wenige Tage nach seiner Geburt im Kindbett gestorben war. Er erinnert sich noch genau daran, wie er nun das erste Mal zu seinem leiblichen Vater gebeten wurde, er sah noch immer die basaltgrauen Wände der Empfangshalle, die durch den Regen, der auch schon damals den ganzen Winter hindurch ohne Unterlaß vom Himmel zu fallen pflegte, bereits an einigen Stellen unter Wasser stand. Da hatte er nun gestanden, in dieser feuchten, kalten Halle, an deren Wänden Moos wucherte und in der der Ruß der Fackeln ihm das Atmen schwer machte. Er hatte aufgesehen, zu seinem Vater, der ihn aufgefordert hatte, doch näher zu kommen und hatte die Härte der grauen Augen gespürt, die ihn noch stärker als die kalte Feuchte des Raumes frösteln ließ.

Die folgenden Wochen waren die trübsinnigsten seines Lebens, hallte doch nicht mehr das erfrischende Lachen seines strengen, aber dennoch heiteren Pflegevaters durchs Haus und ermunterte ihn doch nicht mehr das sanfte Lächeln seiner Mutter, die durch die Geburt ihres letzten Kindes ganz abgemagert wirkte, deren Kraft aber nicht im geringsten nachgelassen hatte. Irgendwann waren seine leiblichen Brüder dann ganz unerwartet von ihrem letzten Feldzug zur Burg zurückgekehrt, und ihre spitzen Sprüche waren auf ihn ganz unerwartet geprallt, so daß er sich anfangs kaum gegen sie zu wehren vermochte. Aber schießlich, da wurde sein Vater vom König persönlich zum Fest geladen, und Elyain war ihm im Schatten seiner Brüder gefolgt. Und dann, auf dem Fest, auf dem zwei seiner Brüder zu Rittern geweiht wurden, da war er dem König wohl ins Auge gefallen, er erinnerte sich noch gut an sein gutmütiges Lächeln, das ihn so schmerzhaft stark von seinem grimmigen Vater unterschied, für den jeder Tag eine Nacht zu sein schien. Und kaum ging die Weihe dem Ende zu, da war er noch einmal auf ihn zugekommen, hatte ihn an der Hand gegriffen und verkündet, daß er der erste sein sollte, der auch ohne je ein Knappe gewesen zu sein, nun direkt zum Ritter geweiht werden sollte. Elyain hatte seinen eigenen Ohren nicht getraut, er hatte an seinem eigenen Verstand gezweifelt, sein Herz hatte gerast und hatte schließlich die Höhen einer unmäßigen Begeisterung erklommen, als im bewußt geworden war, daß nun seine Stunde gekommen war.

Elyain suchte in seinem Beutel nach dem Rest des Brotes, das er vor sieben Tagen in diesem unseligen Dorf gekauft hatte und unterhielt sich damit, noch einmal im Geiste die glücklichen Stunden, Tage, ja, Wochen zu durchleben, indem er vom Lehrmeister des Königssohnes persönlich in der Waffenführung unterwiesen worden war, bis der König mit seinen Erfolgen zufrieden war und ihn mit den anderen Rittern, die alle wesentlich älter waren als er, auf die Mission geschickt hatte, die dem Königreich den Frieden bringen sollte. Er erinnerte sich noch genau, wie der König ihn ermuntert hatte, ruhig seinen eigengen Fähigkeiten zu vertrauen und mit den Rittern zu ziehen und Elyain fühlte noch genau, wie ihn der Stolz erfüllt hatte, als der König ihm beim Abschied sein höchstes Vertrauen aussprach.

Er lächelte vor sich hin, während er den letzten Brocken seines durch den Regen gänzlich aufgeweichten Brotes zu sich nahm, dessen Rinde schon mit weißem Schimmel überzogen war.
Glücklicherweise schien die Sonne noch durch den Eingang der Höhle, so daß er die Wände dieser Örtlichkeit genau betrachten konnte, bis der letzte goldene Schimmer in der Abenddämmerung versank und sich die Nacht auch in seinem Quartier ausbreitete. Die Stille der Dunkelheit ließen seine Ohren wachsam werden, ließen ihn das Tropfen von Wasser ganz tief im Inneren des Berges vernehmen und seinem Verstand einen Streich spielen, indem er in dem monotonen Rhythmus des tropfenden Wassers eine Melodie zu erkennen glaubte. Obschon er sehr müde von der anstrengenden Reise war und der Schlaf das einzige Mittel gewesen wäre, das seine dunklen Gedanken hätte vertreiben können, so zog ihn die Melodie des dumpf hallenden Wassers ganz tief unten im Gestein an, und er beschloß, noch ein wenig in der Höhle umherzuwandern, auch wenn seine Fackel mit jedem seiner Schritte zu verlöschen drohte.

Doch kaum war er über den Wall aufgetürmten Gesteins gestiegen, da glitt er auf dem feuchten Boden aus. Er fühlte, wie seine Hände über die scharfen Kanten des dunklen Gesteins glitten und sein Kopf auf harten Fels stieß. Er stöhnte auf und wollte sich aufrichten, da vernahm er doch tatsächlich, wie der Wind, der vor der Höhle in den Wäldern heulte, sich nun auch in der Höhle auszubreiten schien. Elyain zweifelte an seinem Verstand. Der Wind war doch aus Osten gekommen und die Höhle lag doch nach Westen! So schnell konnte der Wind doch nicht gedreht haben. Der Wind wurde zu einem Sturm und schließlich zu einem Orkan. Elyain hörte ihn durch die schroffen Wände der Höhle heulen, er hörte, wie sich der Wind in den Gesteinsbrocken verfing, ihnen merkwürdige Töne entlockte, ganz als spiele er auf einer Harfe seine makabere Melodie und schließlich spürte er, wie der Wind den Fels streifte, auf den er gefallen war und er in die Höhe geworfen und unsanft gegen eine Felswand geschleudert wurde. Er ließ einen Schmerzesschrei hören, dann glitt er an der Wand herunter und es wurde Nacht um ihn.

Als er aufwachte, da sah er, daß das Feuer seiner Fackel durch den Sturm entfacht worden war und nun das Gestein entzündet hatte. Das Feuer suchte seinen Weg durch die Höhle, verbreitete sich, fegte durch die Gänge, bis alles Sichtbare unter Feuer stand. Elyain versuchte, sich aufzusetzen, doch seine Knochen schmerzten und er spürte, daß er seinen linken Fuß nicht mehr bewegen konnte. Panik breitete sich in seinen Gliedern und seinem Herzen aus, als er die Feuerwand, hoch und heiß lodernd wie ein Höllenfeuer, auf sich zukommen sah und er merkte, daß er nicht mehr atmen konnte,als das Feuer die Luft verschlang. Tränen der Angst und der Trauer rannen ihm über die Wangen und es war die schmerzende Hitze des segenden Feuers, das sich in seine Wunden leckte und der Rauch, der schwarzlodernd in seine Lungen kroch, die ihm abermals das Bewußtsein nahmen.

Und ganz wider Erwarten, da wurde er wach, und nicht etwa im Himmelreich oder aber gar in der Hölle, nein, er erwachte wie von den Toten in der Höhle. Nun schien das Feuer gewandert zu sein, es loderte im hinteren Teil der Höhle, während es wie mit Geisterhand seinen Körper verschont hatte. Er versuchte, sich aufzusetzen, als er sich an seinen gebrochenen Knöchel erinnerte. Vorsichtig trat er auf und mußte feststellen, daß der Knochen wieder geheilt zu sein schien und noch bevor er sich fragen konnte, wie dies wohl geschehen sein mochte, da wurde er geblendet von der gleißenden Hitze des wiederauflodernden Feuers und er sah, auch wenn er seinen Augen nicht zu trauen wagte, eine glühende Gestalt im Feuer, die ihn auszulachen schien. Er wollte sich umwenden, von diesem glühenden Gesicht, von den Augen, die ihn rotgleißend anzublicken schienen, doch bevor er die Höhle verlassen konnte, da hatte ihn die überirdische Gestalt in den Bann gezogen. Ein Krieger stand vor ihm, oben auf der Felsspitze das Schwert aufgerichtet gen Himmel mit einem überirdischen Lachen, das durch die Tiefe der Höhle hallte. Elyain betrachtete das Feuer, das sich um seine Füße wand, wie ein Lindwurm, und es war seine Stimme, die das Tönen von sich gab, das Feuer war und Wind zugleich. Er kam auf Elyain zu, er schritt durch das Feuer, als ob es Wasser wäre und wurde umrahmt von der Glut wie von einem Sonnenkranz. Elyain schrak zurück. Noch nie hatte er so eine furchterregende Gestalt gesehen, die zugleich so himmlisch strahlte wie die Sonne selbst. "Komm zu mir", hallte die Stimme, "komm, mein Sohn, knie dich vor mich, ich werde dich willkommenheißen". Elyain wich zurück, er dachte an seinen König, dem er Treue geschworen und seine Mission, die er zu Ende führen mußte, wollte er Jahrhunderte des Leids abwenden, doch die göttergleiche Gestalt lachte nur, blickte ihm ihn die Augen und ließ ihn zu sich kriechen, bis er sich vor ihr im Staub und Geröll des Felses verbeugte. Als er wieder die Augen zu heben wagte, da traf ihn der Blick der Gestalt wie ein Pfeil, er durchbohrte sein Herz, ließ ihn straucheln und er fiel vor ihr nieder, wie ein Bittsteller vor seinem König. "Komm näher, nur näher und schwöre mir den Eid, dann wirst du mächtig wie ich über die nächsten Generationen herrschen.", dröhnte die Stimme und Elyain verfluchte seine entsetzliche Furcht, seine Feigheit und sah sich immer näher kriechen, bis er vor den Füßen der Feuergestalt lag.

"Richte dich auf, mein Sohn, wir wollen tafeln!" hörte er sie sagen und richtete sich vorsichtig auf und berührte vorsichtig mit der Hand die Fußspitzen des brennenden Wesens. Ein Schmerz fuhr ihm durch die Fingerspitzen, der ihn aufschreien ließ, er schien sich durch ihn hindurch zu brennen, bis er von der Hand des himmlischen Kriegers berührt wurde, die den Schmerz löschte.
"Ich bin der Sohn des Feuers und der des Windes, erheb dich, aber berühr mich nicht, bis du nicht zur Weihe bereit bist." Elyain zitterte. Er dachte an die alten Götter, von denen man sagte, daß sie hier gewesen waren, lange bevor die Missionare den Glauben des Christengottes verbreiteten. Er schüttelte sich. Dämonen sollten es sein, hatte er seinen Dorfpriester sagen hören, vielleicht sogar Teufel! Das Gesicht des Teufels, das ihm damals als Kind in die Nacht gefolgt war, entstand wieder vor seinen Augen und er zitterte, obschon er sich mit aller Macht zu beherrschen suchte. "Ich bin nicht einer deiner Teufel, die deine Priester erfanden, um euch Angst und Bange zu machen und euch von der wahren Religion abzuhalten.", sagte der Krieger, "Ich bin der Gott des Feuers und des Windes und du sollst mein Gefolgsmann sein!" Sein glühender Finger richtete sich auf Elyain, der trotz der Kälte zu frösteln begann.
Der Feuergott reichte ihm einen Kelch mit Wein, und weshalb auch immer, es überkam Elyain, den Kelch entgegenzunehmen und ihn leerzutrinken. Die Flüssigkeit schmeckte süß und ein wenig dumpf und es waren seine Sinne, die durch sie verwirrt wurden. Er folgte dem Krieger wie in Trance zu einer Tafel, die wie aus dem Nichts entstanden zu sein schien. Er spürte die Hitze des Holzes, die dieses ausstrahlte und saß dem Gott so nah gegenüber, daß sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten.
"Nimm dies und schwör mir die Treue, schwör sie mir bei deinem Leben und allem, was dir lieb ist!" hörte er ihn aus weiter Ferne sagen und er fühlte, wie ein siedenheißes Messer in seine Hände gelegt wurde. Er schrie auf und wollte es fallen lassen, doch die Härte des Blickes des Kriegers zwang ihn, es anzufassen. "Schwör mir die Treue und laß dein Blut als Zeichen dafür fließen!" hörte er ihn sagen.
Der Blick des Kriegers bahnnte ihn und er griff nach dem Messer und ritzte eine tiefe Kerbe in seine Handfläche, aus der das Blut wie eine Quelle zu strömen begann. Elyain fühlte, wie all die Kraft aus ihm rann und mußte erstaunt ansehen, daß sich der Gott selbst die glühende Haut öffnete und Blut flüssig und heiß wie Lava aus seinen Adern rann. Elyain zitterte, wollte fortrennen, doch der Krieger hielt ihn immer noch mit seinen Augen in Bann, bis sein brennendes Blut in Elyains Wunde rann und ihn erhitzte, ihn verbrannte. Er verlor das Bewußtsein und als er erwachte, da sah er, daß seine eigenen Hände vom Feuer umspielt wurde, wie das des Feuergottes und er verfluchte, je geboren worden zu sein, als der Feuerdämon lachte und flüsterte: "Nun bist du es also doch geworden, mein Sohn, mein Gefolgsmann!" Sein Lächeln strahlte wie tausend Sonnen und seine Stimme war wie glühendes Eisen als er sagte:"Nun wirst du mich zu deinem König führen, damit ich ihn vom Thron stürzen und meine Herrschaft antreten kann. Oder aber...!" Sein Lachen hallte wie ein Sturm durch die Hallen der Höhle, "wir werden ihn zum König Nadyr führen, der ihn töten und mir die Macht übertragen wird."Elyain schrak zurück, wich seinen feuerumflammten Händen aus und stürmte aus der Höhle. Er hörte, wie der Krieger des Feuers noch lauter lachte und hinzufügte: "So ist nun meine Zeit gekommen, und es wird ewig stürmen, regnen und mein Feuer wird die Erde verbrennen und die Menschen vernichten. Und wenn sie alle fort sind, dann werde ich wiederkommen, mit meiner Sippe, der Sippe des wahren Göttergeschlechts und die Erde wieder neu bevölkern."

Elyain stürmte wie besessen von seinem Entsetzen aus der Höhle. Er endeckte sein Pferd und wollte auf es steigen, um so schnell wir nur möglich zu seinem König zu reiten, doch als er es beruhigend berührte, da scheute es und er sah, daß es brannte. Er blickte entsetzt auf seine feurigen Hände verfluchte den Feuergott, von dem er sich hatte narren und zum Gefolgsmann machen lassen. Er rannte zur Quelle und versuchte, die Glut seiner Hände zu löschen, doch sobald seine Hände mit dem Wasser in Berührung kamen, so fing es an, zu kochen, die ganze Quelle brodelte und verdampfte im Nichts.

Als er sich umdrehte, da sah er, das sich der Krieger auf sein Pferde gesetzt hatte, dessen Feuer gelöscht war und ihm lachend zurief: "Du mußt noch lernen, wie man sein eigenens Feuer zügelt, Sohn des Feuers!" und er sah ihn auf dem Rücken des Pferdes in der Nacht verschwinden.

In der Nacht, da erreichten ihn die Ritter des Königs, seines Königs, für den er zu sterben gewünscht hätte, nur um sein Vertrauen nicht zu mißbrauchen. Er eilte ihnen entgegen, wollte ihnen die ganze Wahrheit über den feindlichen König zuschreien, der einen Feldzug gegen sie plante und dabei von den alten Göttern unterstützt wurde, doch als er seinen Mund öffnen wollte, da sah er aufeinmal den Gott des Feuers vor sich auftauchen. Die Ritter wichen zurück, wollten Elyain vor ihm schützen, doch er spürte, wie ihn eine geradezu unmenschliche Macht davon abhielt, zu ihnen zu laufen und ihnen von den Plänen des Feuergottes zu berichten, und er tat wie es ihm dieser befahl und trat zurück und folgte ihm dann in die Höhle, ohne seine Männer zu warnen. Er mußte mit Grauen beobachten, wie die Männer weiterritten, wie sie weiterritten in ihr Verderben, zum feindlichen König, der schon auf sie wartete, um sie zu vernichten und es war nicht die Hitze der glühenden Hand des Feuergottes, die auf seiner Schulter lag, die ihn zu verbrennen drohte, sondern der Schmerz über seine eigene gebrochene Treue.

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