© der Geschichte: Timo Lüdtke. Nicht unerlaubt
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Zwiespalt

Endlich, die Fahrt nach Hause. Seit Stunden will er heim. Ein komischer Tag. Irgendwie. Ampel. Ausatmen. Lieblingssender. Aha, Jazz. Ganz ruhiger Jazz. Eine bluesige Trompete.
Er wartet. Grün. Nach Hause fahren. Keiner wartet. Nach Hause fahren?
Autobahn. Regen. Quietschende Scheibenwischer. Er macht seinen Jazz lauter. Es ist kalt. Gleich, schön in die Badewanne. Noch drei Kilometer, dann wird die Heizung warm. Die Augen folgen der Straße, aber er sieht sie nicht. Er sieht seine Sehnsüchte.
Er arbeitet im Geiste aus, wie ein Weg, der eine dieser Sehnsucht erfüllt, aussehen müsste. Seine Abfahrt, hier muss er raus. Eine nicht enden wollende Allee von Trauerweiden.
Dahinter sieht er Nichts. Leere Felder, denen der Mond ein mysteriöses Leuchten abverlangt. Sein Parkplatz. Zuhause. Parken, abschnallen, Schlüssel abziehen, festhalten. Ganz fest. Tür auf. Das laute Dröhnen, immer wenn das Licht noch an ist. Stille. Und Aussteigen.
In den Fenstern brennt nie Licht, wenn er heimkommt. Endlich da. Feierabend. Falscher Schlüssel. Es ist immer erst der falsche Schlüssel. Hausflur. Spießrutenlauf. Wohnungstür. Licht an. Tür zu. Einatmen. Den Geist einatmen, den er hier gelassen hat. Der beste Platz um an Sehnsüchte zu denken. Der Schlechteste sie zu finden.
Es sei denn, die Erfüllung der Sehnsucht kommt einfach vorbei, oder besser: heim. Während das Wasser läuft, stellt er das Geschirr von Gestern in die Spülmaschine. Etwas heißes Trinken. Die Heizung läuft erst warm. Musik. Richtig gute Musik. Ein wenig Strecken, ein paar Übungen. Kaum Motivation.
Die Badewanne ist so gut wie voll. Nicht das es überläuft.
Einstiegstemperatur. Sein Lieblingswort. Ist eine Sehnsucht erfüllt, wartet die Nächste. Warmes Wasser umspielt seinen Körper. Mal mag er ihn, mal nicht. Heute nicht. Gestern liebte er ihn. Es ist der selbe Körper. Er wäscht sich den Kopf.
Abtauchen. Fast blind und beinahe taub. Seid Stunden wollte er heim. Unter Wasser. Auftauchen. Das kalte Licht stört. Hunger. Wäsche muss endlich gemacht werden. Aufstehen. Es ist noch zu kalt. Wieder ins Wasser. Nachlaufen lassen.
Die Musik ist aus. Der Raum, zu hell. Er sieht seinen Körper. Heute mag er ihn nicht. Keine Musik. Nicht mitsingen können. Sein Magen knurrt. Er pfeift die Töne nach. Der Mund lächelt, doch die Augen nicht. Die Wohnung scheint warm.
Aufstehen. Waschen. Abtauchen. Aussteigen. Doch noch zu kalt. Schnell abtrocknen. Vorm Spiegel. Grimassen. Mund lacht, die Augen nicht. Licht dimmen. Besser.
Musik anmachen. Mitsingen. Brot. Salat. Ein Glas Wein. Er fühlt, wie die Augen lächeln. Noch ein paar Übungen. Er fühlt seinen Körper. Spürt Leben in sich. Tanzt. Wäsche muss noch gemacht werden. Das Lachen vergeht. Keine Motivation.
Er wundert sich.

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