© der Geschichte: Elken Schlüfter. Nicht unerlaubt
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Kaffee oder Biotop?

Sie wollte am Abend nur nach Hause, war erschöpft von dem ungewohnten lernen.
Eine Umstellung für Sie. Sie hatte lange keine Kurse, bei denen ein so hohes Maß an Konzentration gefordert war, mehr besucht.
Access an der VHS!
Im Anschluss daran hatte Sie noch ihre Hospitantenstelle.
Damit war ihr Tag voll ausgefüllt, wäre da nicht noch ein Problem:
Sie lebte in ständiger Anspannung, das permanente präsent sein müssen für, nennen wir ihn "Mister Tunichtgut" und seine Hirngespinste.
Kaum bei ihrer Hospitantenstelle angelangt, da kam auch promt wieder ein Anruf von "Mister Tunichtgut".
Ob Sie nicht zu ihm, in seine Wohnung, kommen könne!
Sie wollte eigentlich in ihre eigenen vier Wände, einmal nur, Ruhe haben!
Nicht auf alle Fragen eine Antwort parat haben, nicht ständig aufmerksam lauschen was "Mister Tunichgut" an "Weisheiten" von sich gab.
Interessante Gespräche zu führen, ein Austausch dessen, wie der andere den Tag verbracht hatte, war mit ihm nicht möglich.

Aber, bevor Sie ihn dann wieder in ihrer Wohnung hatte, die Tischdecken nicht schnell genug retten konnte und auch sonst nur, gelinde gesagt, Unannehmlichkeiten zu erwarten waren, fuhr Sie hin.
Lieber wieder Stunden dort ausharren, als ihre Wohnung weiter zu einer Müllhalde umfunktionieren zu lassen. Die Konversation war beschränkt auf: "Was sollen wir zu essen machen?", wobei das "wir" eine Floskel war.
Sie stand dann in der, im Winter eiskalten, Küche und versuchte seinen Wünschen gerecht zu werden.
Ein eh schier unmögliches Unterfangen!
Er lag träge in dem, was sein Bett vorstellen sollte, zappte in halbstündigen Rhythmus durch sämtliche TV Kanäle, unterbreitete so "tolle" Vorschläge wie z. B. die "dickste Nutte der Welt" ansehen.

Im Laufe der Zeit war Sie zu seinem Haussklaven und Privatsekretär mutiert.
Sie fühlte sich bei ihm wie ein Möbelstück, das atmen kann.
Das Lachen war ihr, wörtlich, lange schon vergangen.
Sie war bei ihm zu einem Gebrauchsgegenstand verkommen, den er bei Bedarf heranholte und, wie es seiner Tagesform gerade entsprach, dann wieder verwarf.

Um so verwunderter war Sie, als Sie bei ihm ankam und er ihr eine Tasse Kaffee servierte.
Solch Aufmerksamkeiten von "Mister Tunichtgut" waren ihr gänzlich fremd!
"Ich habe Dir einen Kaffee gekocht!"
Angenehm überrascht, dass er es in den Jahren nun doch noch einmal geschafft hatte, einen Kaffee für Sie zu kochen und erfreut, dass Sie sich nicht erst in die, im Winter, eiskalte Küche stellen musste, trank Sie den ersten Schluck.

Er beobachtete Sie schräg von der Seite, sagte dann zu ihr: "Ich habe für den Kaffee das Wasser vom Eier kochen genommen!"
Was sich dann in ihrem Kopf abspielte, läßt sich nur schwer beschreiben.
Vor Entsetzen wurde Sie blass, ihr fiel beinahe die Tasse aus der Hand.
Ihre Gedanken flogen durcheinander!
Hastig überschlug Sie, was sich an Salmonellen, Kryptosporidien und ähnlichen in dem Wasser vermehrt haben könnte oder ob diese durch das kochen bereits abgetötet sein könnten, was Sie sich, mit diesem kleinen Schluck bereits an Schädlichem einverleibt haben könnte.

Langsam dann beruhigte Sie sich wieder. Sie schrubbte die Eier prinzipiell vor dem kochen erst einmal mit einer Bürste ab.
Das hatte Sie mit den besagten, die vorher in diesem Wasser gekocht wurden, auch getan.
So konnte es eigentlich nicht sein, dass sich dort noch Bakterien angesiedelt hatten.
Trotzdem, es war schockierend, allein schon auf so eine Idee zu kommen, setzte doch einiges an Debilität voraus.
Viel hatte Sie schon gehört, aber, dass man aus "Sparmaßnahmen" das Wasser vom Eierkochen noch einmal zum Kaffee kochen verwendet, das war für Sie zuviel!
Sie glaubte jetzt wahrhaftig, der Mann würde Sie eines Tages durch seine Dummheit und sein vernebeltes Hirn noch zu Tode bringen.

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