Wer heutzutage Beifall heischen will, fordert schnelle, unbürokratische Lösungen. Der Applaus ist diesen "Querdenkern" sicher, denn wer ein Klagelied auf die Bürokratie anstimmt, wird vom polyphonen Gleichgesinntenchor unterstützt. Freude schöner Götterfunke! Dies führt zur Quizfrage: Wer war Max Weber? A: ehemaliger Trainer bei 1860 München; B: die erste Frau von Gerhard Schröder oder C: der einzige deutsche Papst.

Wer alle drei Antworten verneint, darf Jauch-Zen (eine meditative Form unserer Spaßgesellschaft).

Aber lassen Sie uns doch etwas früher ansetzen:
Das Almosenwesen im Mittelalter sollte in eine städtische Armenfürsorge umgewandelt werden. Hierfür waren rationale Kriterien notwendig. So wurden beispielsweise die Familiensituation und das Arbeitseinkommen geprüft.
Noch heute wird diese Aufgabe in modifizierter Form von Arbeitsämtern, Gesundheitsämtern, Sozialämtern oder Jugendämtern wahrgenommen. Hierbei herrschen Regeln und Gesetze, die übrigens nicht von den ausführenden Fachkräften aus Gehässigkeit ersonnen werden, sondern in Demokratien von politischen Mehrheiten verabschiedet werden. Es ist demnach widersprüchlich und unlogisch, wenn Politiker für unbürokratischen Lösungen eintreten.

Bürokratie in reinster Form einer legalen Herrschaft (wir sind bei Max Weber) ist gekennzeichnet durch Sachlichkeit, wobei der Wirkungskreis nicht für bestimmte Personen, sondern allgemein gültig sein muss. Außerdem soll verlässlich und präzise gearbeitet werden.

Hier noch einige Eigenschaften einer funktionierenden Bürokratie: Die Menschen, die dort arbeiten, sind fachlich geschult, werden nach Eignung (nicht nach Herkunft) ausgewählt und einzelne Stelle sind hoch spezialisiert. Das Verfahren, welches an Koordination und Kontrolle gebunden ist, wird sachkundig durchgeführt und schriftlich dokumentiert.

Wie lässt sich nach dieser kleinen Einführung unbürokratisches, schnelles Handeln interpretieren? Bedeutet es ohne Regeln, ohne Überprüfbarkeit, unüberlegt und willkürlich? Bei solcher unreflektierter Effekthascherei bekenne ich mich gerne zur Bürokratie, die nebenbei bemerkt durchaus Schwachstellen aufweist und hinterfragt werden muss - aber dann bitte etwas differenzierter.

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